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Feindbild weg

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Wie bei allen Fragen der Weltpolitik, so geht es auch bei der eventuellen Abschaf­fung Eures Bundesheeres in erster Linie um die Rolle Österreichs als Vorbild der Völker. Dank seines Verzichts auf Atomwaffen und Raketen hat Österreich ohnehin schon einen beträchtlichen Vor­sprung bei der Abrüstung. Ein weiterer mutiger Schritt zur freiwilligen Entmilitarisie-rung des Luftraumes war der Ankauf der kaum flugfähi­gen schwedischen Drohen.

Inzwischen fangen aber auch wir Deutschen an auf­zuholen. Die FDP hat sich soeben die Reduzierung so­wohl an Mannes- als auch an Feuerkraft unserer Bundes­wehr zum Wahlkampfschla­ger erkoren. Die Präsenzstär­ke unserer Soldaten soll von derzeit noch 456.000 auf 350.000 Mann reduziert wer­den. Die „Wehrdienst-Ver­kürzung" von 15 auf zwölf Monate Grundwehrdienst ist bereits beschlossen. Außer­demfordert die FDP jetzt mit großer populistischer Vehe­menz, den auf dem Reißbrett geplanten „Jäger 90" auch offiziell zu einem Papierflie­ger umzufalten.

Das kann sich natürlich die SPD nicht gefallen lassen, ohne die Liberalen sofort mit weiteren Abrüstungs-Forde­rungen zu überbieten. Viel­leicht eine gleichzeitige Ver­kürzung der Wehrpflichtigen um mindestens 20 Zentime­ter und die Einführung von Stöpselgewehren für eine schmerzlose Kriegführung.

Alarmierende Meldungen aus der DDR deuten aber daraufhin, daß jetzt offenbar eine Art Wett-Abrüsten ein­setzt. Dieser Tage drohten nämlich Soldaten mit Streik, wenn sie genötigt würden, mit der verbündeten Roten Armee in ein gemeinsames Manöver zu ziehen. Sie hätten kein brauchbares Feindbild mehr und sähen deshalb keinen Sinn mehr in der ganzen Mili­tärübung.

Österreich könnte jetzt als Gastgeber bei den Abrü­stungsverhandlungen in Wien eventuell anbieten, für je eine Kompanie der NATO bezie­hungsweise des Warschauer Paktes jeweils einen österrei­chischen Präsenzdiener nach Hause zu schicken. Bis Euer Bundesheer dann komplett daheim ist, gibt es keine Mili­tärblöcke mehr.

Die einzigen, die das Gleich­gewicht des Schreckens in Europa dann noch empfind­lich stören, sind unsere baye­rischen Feuerwehren, deren rund 800.000 Mann das Was­ser oft kaum halten können. Und hinter ihnen steht noch eine mindestens gleichstarke Truppe von stark motivierten Ehrenjungfrauen und Fah­nenmüttern. Es wäre daher unverantwortlich, die baye­rischen Feuerwehren vom Wettabrüsten weiterhin aus­zuschließen.

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