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Fragezeichen zwischen Europa, Libyen und Fernost

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Malta, das noch dem britischen Commonwealth angehört, ist für den Westen zu einem Fragezeichen geworden. Seit der Verfassungsänderung von 1974 bewegt es sich eindeutig in Richtung auf eine Parteidiktatur der sozialistischen Partei zu. Ministerpräsident Dom Mintoff, der am 20. September die Wahlen in das Parlament mit 51 gegen 49 Prozent der Stimmen (und drei Mandaten Mehrheit) gewonnen und seine bisher schwache Basis erweitert hat, erklärte daraufhin, daß auch eine noch so schwache Mehrheit genüge, um die Republik so zu regieren, daß sie ein sozialistischer Staat werde. Dies sei das Ziel.

Nun heißt das in Malta, das wirtschaftlich in schwieriger Lage ist, nicht etwa Übergang zu einer sozialistischen Wirtschaft oder zur Enteignung des Privateigentums. Ganz im Gegenteil, Malta versucht vor allem, von der westlichen Welt Geld und Präferenzen zu bekommen, wobei es auch bemüht ist, mit Österreich wirtschaftliche Kontakte herzustellen. Malta wird sich an der nächsten Wiener Messe beteiligen, von einer Kooperation zwischen Air Malta und Austrian Airlines wurde berichtet, und von April an sollen Direktflüge Wien—Malta regulär stattfinden.

Malta hängt jedoch heute weithin von Libyen ab. Die Labour-Presse veröffentlicht jeden Tag Lobeshymnen auf Ghadaffl, der Malta nicht nur mit Erdölprodukten zu Billigstpreisen beliefert, so daß das Energieproblem keine Rolle spielt, sondern auch massive Finanzhilfe gewährt. Soeben hat Ägypten eine Art geistiger Entwicklungshilfe geleistet, indem es 80 Lehrer für Arabisch nach Malta schickte. (Malti, also die maltesische. Sprache, ist eine mit italienisehen Wörtern durchsetzte Abart des Arabischen und nimmt, seit es durch die Verfassungsänderung von 1974 zur offiziellen Sprache aufgestiegen ist, immer größere Bedeutung an, obzwar Englisch unverändert allgemeine Geschäftssprache ist.)

Aber auch die Volksrepublik China leistet, getreu ihren in Afrika bereits erprobten Methoden, Entwicklungshilfe, indem sie rund 300 Facharbeiter im Turnus nach Malta entsendet und mit Ausnahme der Aufenthaltskosten für Zureise und Entgelt aufkommt. Die Chinesen arbeiten als Werftarbeiter im Red Dock oder auch in Glasmanufakturen.

Auch wenn man von den Auslassungen der unterlegenen Nationalist Party des Dr. Borg Olivier gegen die Labour Party viele Abstriche macht, bemerkt man den antibritischen Grundton der heutigen Regierungspolitik.

Gewiß, die Briten haben Malta ausgenützt und die Kriegsschäden durch italienische und deutsche Streitkräfte wären vielleicht nicht eingetreten, wenn die Briten Malta nicht zur Festung ausgebaut hätten. Aber die Hinwendung Maltas zu Libyen und auch anderen arabischen Staaten ist überdeutlich.

Der Vertreter Maltas auf der Konferenz der Blockfreien Staaten in Colombo forderte dort auch ein totales Informationsverbot gegenüber den westlichen Nachrichtenagenturen und die Zulassung von Nachrichten nur durch eine neu zu schaffende Agentur der Blockfreien. Soeben wurde unter starkem Polizeischutz vor dem Verfassungsgerichtshof eine Klage von sechs Abgeordneten der Konservativen verhandelt, die sich über den von der Labour Party ausgeübten Wahlterror beklagten (aber damit nicht durchdrangen).

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