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Geschichtsüberblick Lateinamerikas

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Nun sind es also 500 Jahre her, daß Amerika, vor allem Lateinamerika sich entdecken ließ - so wollen es die Geschichtsschreiber. Wiewohl das gesamte Hispanoamerika, also Süd-und Mittelamerika, literarisch durchaus präsent ist - denken wir nur an Namen wie Gabriel Garcia Marquez oder Octavio Paz - muß betreffs der historischen Präsenz das genaue Gegenteil festgestellt werden: Politische Konstellationen der Gegenwart und unmittelbaren Vergangenheit werden gerade noch festgestellt, die Vergangenheit des Kontinents und seiner Menschen bleibt in unbeschriebenes Dunkel gehüllt.

Um diesem Zustand abzuhelfen, ist die „Geschichte Lateinamerikas von der Unabhängigkeit bis zur Gegenwart" von dem Historiker Tulio Hal-perin Donghi erschienen. Obwohl das Werk bereits 1967 in italienischer Sprache erstmals herauskam, wurde es vom Verfasser auf den neuesten Stand gebracht, um dem deutschsprachigen Publikum überhaupt eine umfassende Geschichtsdarstellung Lateinamerikas anzubieten. Zu Beginn des Buches behandelt der Autor in einem langen Kapitel die Entwicklung nach der Entdeckung des Kontinents, um auf dieser Grundlage spätere (Fehl-)Entwicklungen einschätzen zu können. Strukturelle Veränderungen, die den ganzen Kontinent betreffen, werden genauso ausführlich behandelt wie die Geschichte einzelner Länder.

Während die beiden ersten Teile (etwa die Hälfte des Buches) die Historie Lateinamerikas bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts führen, beschäftigt sich der dritte und ausführlichste Teil mit dem „Verfall der neokolonialen Ordnung" von 1930 bis in die restaurativen Zeiten der achtziger Jahre (Stichwort: Ronald

Reagan). Das Schicksal Kubas wie das Nikaraguas oder San Salvadors werden in kurzen Zügen, aber mit klaren Worten der Ablehnung für die Terrorregime, beschrieben.

Das Buch hat zweifellos den Vorzug, im Sinne einer umfassenden Geschichtschreibung die wirtschaftlichen und sozialen Sachverhalte mit den militärischen und politischen zu konfrontieren. Der Autor sucht bei aller manchmal unverhohlenen Sympathie für die „Linke" ausgewogen zu urteilen - die Frage der Quellen bleibt in einem Überblickswerk wie diesem aber meist ausgeklammert. E. W.

GESCHICHTE LATEINAMERIKAS VON DER UNABHÄNGIGKEIT BIS ZUR GEGENWART. Von Tulio Halperin Donghi. Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1991.840 Seiten, öS 764,40.

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