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Ich kenne keinen Bischof, der um seiner Glaubwürdigkeit willen hier sein Amt riskieren würde.“ Ein umstrittener Kirchenjurist sprach diese bittere Wahrheit aus. In einem Interview des Deutschlandfunks betonte er die kirchenrechtliche Korrektheit der Verwarnung, die der Kölner Kardinal Woelki gegen einen Pfarrer aussprach. Dieser hatte eine Segensfeier für alle sich liebenden Paare, ausdrücklich auch lesbische und schwule, mit geleitet. Norbert Lüdecke disqualifizierte die Segensfeier als „persönliche Solidarität in liturgischer Rahmung“. Welch ein Glück, dass die Entscheidung, ob Menschen gesegnet werden, nicht vom Kirchenrecht abhängt, sondern von deutlich höherer Stelle getroffen wird. Aber die Sache mit der Glaubwürdigkeit trifft einen Punkt. Auch ich befürchte, dass Bischöfe in Sachen Homosexualität lieber ihre Glaubwürdigkeit opfern, als ihr Amt riskieren werden. Das betrifft auch andere Felder. Welcher Bischof hat in den vergangenen Jahren öffentlich bekannt, welche Vertuschungsgewalt er ausgeübt hat – ohne dass dies zuvor durch Opfer selbst, durch guten Journalismus oder aufwendige Gutachten aufgedeckt worden wäre? Welcher rheinische Kardinal bekannte nach eingehender Gewissensprüfung endlich öffentlich: „Ja, ich habe gelogen“? Ich weiß von keinem. Statt die Glaubwürdigkeit der Kirche durch proaktive Ehrlichkeit zu erhöhen, werden Prozesse gegen Betroffene, Journalist(inn)en und Wissenschafter(innen) geführt. Wer nicht mehr glaubwürdig ist, dem oder der glaubt niemand mehr irgendetwas. Damit die Kirche nicht den letzten Kredit (von lat. credo, glauben) verliert, der ihr vielleicht noch eingeräumt wird, müssen Führungskräfte die Priorität umdrehen: Lieber das Amt verlieren als die Glaubwürdigkeit. Um ihrer selbst, aber auch um des Glaubens willen.

Die Autorin ist katholische Vulnerabilitätsforscherin an der Universität Würzburg.

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