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Sprachspiele als Stolpersteine

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Wir alle begegnen diesem Phänomen: Wir sprechen oder hören eine Satz, vebin-den damit aber einen gänzlich anderen Inhalt als jenen, der ausgedrückt ist. Das kann durch Gedankenlosigkeit und Gewohnheit geschehen: „Guten Tag" - „Guten Tag" -„Wie geht's?" - „Schlecht, und Ihnen?" - „Danke, auch gut" -

Wir kennen das auch in unserer (katholischen) Kirche. Beobachtet man eine Gottesdienstgemeinde, so hat man den Eindruck, der Gruß „Der Herr sei mit euch", die Einladung „Lasset uns beten" oder der Beginn des Hochgebets „Erhebt eure Herzen" seien lediglich als Signale zum Aufstehen aufzufassen.

Abgesehen von der Oberflächlichkeit, die dabei im Spiel ist, sind solche Sprachspiele - in sich genommen - harmlos. Aber es gibt auch andere Sprachspiele in unserer Kirche, die ein gehöriges Potential in sich tragen. In Mariazell und danach hat man einige davon gehört. Eines heißt zum Beispiel: Genug mit der kirchlichen Nabelschau, genug mit diesem Kreisen um eigene Fragen, wenn es draußen in der Welt andere Probleme gibt - wie etwa den Grippetod eines Arbeitnehmers, der nicht wagte, in den Krankenstand zu gehen. Mit dem Stilmitte] der (verärgerten) radikalen Ausdrucksweise wird hier eigentlich gesagt: Kümmert euch doch um anderes! Aber wie, mit Verlaub, sollen die Fragen der Welt angegangen werden, wenn im eigenen Haus (noch immer) nicht reiner Tisch gemacht ist?

Ein anderes heißt: Die Kirche braucht Zeit, wir müssen langsam und bedacht vorgehen -was nach den Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte eher bedeutet: Verschoben ad calendas graecas.

Nein, hier und jetzt gilt es im Klartext über Kirche zu reden, weil auch in dieser Kirche Menschen zu Tode kommen (zugegeben: auch dies ein Sprachspiel). Vertröstende Leerformeln und allzu schnell präsentierte Lehrformeln sollen dabei besser unterbleiben, sonst erweisen sich die Sprachspiele als Stolpersteine für den angekündigten Dialog.

Vorweg ist also zu klären, wie das „Gespräch für Österreich" aufzufassen ist: Tatsächlich als ein Gespräch in der Suche nach neuen Wegen für diese Kirche, oder lediglich als ein neues Sprachspiel.

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