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Grüne Industrie

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Österreichs Wirtschaft, voran die Industrie, rüstet zum Abwehrkampf gegen die Grünen. Aus der begreiflichen Sorge, daß die grüne Welle an den Grundlagen unserer Wirtschaft rütteln und unter der Tarnkappe Lebensqualität sich eine Ideologie des Chaos einnisten könnte. Und hat dabei die Vorgänge vor allem in der Bundesrepublik Deutschland vor Augen.

Wachsamkeit kann nie schaden. Nur glaube ich, daß sich Österreichs Grüne nicht mit Deutschlands Grünen vergleichen lassen. Während die Grünen in der Bundesrepublik auch ein Sammelbecken aller möglichen extremistischen meist linken, jedenfalls aber militanten Ideologien sind, geben sich Österreichs Grüne geradezu bürgerlich brav.

Und daran wird sich, sieht man sich die honorigen Persönlichkeiten an, die sich unters grüne Volk mischen, auch kaum etwas ändern. Es sei denn, man provoziert durch einen unangemessenen Gegendruck eine entsprechende Aggressivität.

Österreichs Grüne sind so ungeheuer normal, daß sich die Wirtschaft nicht gegen sie auflehnen, sondern sich mit ihnen verbünden sollte. Wer sich verteidigt, signalisiert Schuldgefühle. Die aber braucht gerade Österreichs Wirtschaft nicht zu haben:

Als einzige Verbrauchergruppe redet sie beispielsweise nicht nur vom Energiesparen, sondern praktiziert es. Und sie entwickelt laufend, viel zu sehr aber unter Ausschluß der Öffentlichkeit, jene Geräte und Technologien, die Umweltschäden verhindern beziehungsweise sie beseitigen helfen.

Man soll sich gerade da nichts vormachen: Umweltschäden entstehen ja nicht bloß durch eine ungezügelte Industrialisierung, sondern oft schon durch die Existenz des Menschen.

Die grüne Welle könnte die große Chance der Industrie werden, ihr traditionell graues, leicht menschenfeindliches Image loszuwerden - und daran auch noch zu verdienen. Denn die grünen Sehnsüchte verlangen nach entsprechenden grünen Produkten und Techniken, sie zu befriedigen. Nicht zufällig schwimmen fast alle Branchen, die mit Freizeit und Garten zu tun haben, seit Jahren im Geld.

Wer sagt, daß neben dem traditionellen rot-weiß-roten „A” nicht auch noch ein grünes Pikkerl Platz hätte, daß eine besondere Umweltfreundlichkeit signalisiert? Österreichs ohnedies lieblich grünes Image ließe sich vermutlich nicht nur im Tourismus, sondern auch im Warenexport vermarkten.

Die grüne Welle ist, zumindest in Österreich, keine industriefeindliche Ersatzreligion romantischer Narren, sondern Ausdruck des höchst rationalen Wunsches nach einer intakten Umwelt. Daran sollten auch jene Vertreter der Wirtschaft denken, die unter der Woche gegen die Grünen auf die Barrikaden klettern, am Wochenende aber durchaus Wert auf ihr Häuschen im Grünen legen.

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