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Kant und die russische Kultur

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Daß für die Kantforschung oder Kantbiographie keine wesentlich neuen Fakten zu erwarten sind, hat den russischen Philologen und Kenner der deutschen Geistesgeschichte Arsenij Gulyga nicht abgehalten, eine Kantbiographie zu schreiben, die vor allem durch die Flüssigkeit der Darstellung besticht.

Selbstverständlich muß gerade bei einem so ruhigen und an äußeren Ereignissen armen Leben, wie demjenigen von Kant, der Philosophie und ihrer Darstellung breiter Raum gegeben werden. Dies vollzieht sich bei Gulyga in behutsamer und sehr einfühlsamer Weise, ohne daß allzugroße Konzessionen an eine Popularisierung der Kant’schen Philosophie gemacht werden.

Hervorzuheben ist auch, da’ß Gulyga keineswegs das Raster des dialektischen Materialismus an die Gedanken Kants anlegt, auch wenn er sich letztlich zu dieser Strömung bekennt. Daß dem Einfluß Kants auf die russische Geistigkeit vor allem des 19. Jahrhunderts breiter Raum gegeben wird, stellt einen zusätzlichen Anreiz des Buches dar.

Neben Kants Briefwechsel mit Beloselsky, der ein eigenes Schema der Erkenntnisvermögen entworfen hatte, ist es vor allem der Einfluß Kants auf Dostojewskij und Tolstoj, den Gulyga hervorhebt.

Auch wenn man der These, Kant und Dostojewskij wären Gleichgesinnte gewesen, zunächst skeptisch gegenüberstehen mag, sind die von Gulyga gezogenen Parallelen hinsichtlich des Ideals der freien Persönlichkeit zumindest bedenkenswert.

Das flüssig geschriebene Buch vermag sicher auch Nichtkenner der Kantschen Philosophie anzuregen, sich einmal mit Kant auseinanderzusetzen. IMMANUEL KANT. Von Arsenij Gulyga. Insel Verlag, Frankfurt/Main, 1981.420 Seiten, öS 292.60

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