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Kein Anschluß...

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In der heimlichen deutschen Hauptstadt Oggersheim in der Pfalz haben Michail Gorba-tschow und Helmut Kohl die wichtigsten weltpolitischen Fragen bei einem deftigen Pfäl-zer Saumagen besprochen.

Was sich in Österreich ver-mutlich niemand vorstellen kann: Sie haben dabei kein Wort über Österreich verloren. Das Wort "Anschluß" ist zwar gefallen, aber nur den Rückflug nach Moskau betreffend.

Was einigen feinsinnigen Be-obachtern in Bayern inzwischen mehr aufstößt als der Saumagen den Gorbatschows, ist die Häufigkeit und Aufregung, mit der sich in österreichischen Medien irgendwelche Wichtigtuer ständig gegen den Gedanken verwahren, nach der deutschen Wiedervereinigung sei nun der Anschluß Öster-reichs dran.

In Deutschland habe ich noch niemanden darüber laut denken gehört. Auch auf die Gefahrhin, daß es mancher hypertrophe Deutschnationale in Österreich als Beleidigung empfindet, muß ich feststellen: ich kenne keinen Menschen bei uns, schon gar nicht eine politisch relevante Gruppe, diesich mit diesem Gedanken auch nur beschäftigt, gegen den sich Österreich so wehrt.

Der Anschluß "Restöster-reichs" oder "Deutschöster-reichs" an das Deutsche Reich war ja auch nach dem Ersten Weltkrieg vor allem ein öster-reichisches Thema. Und dazu vorwiegend ein Traum der österreichischen Sozialisten, die mit Hilfe der starken deutschen Genossen früher aus der Diaspora heraus hin zur Sonne und Freiheit kommen wollten.

Großdeutsches Machtdenken und Träume von einer weltpo-litischen Führungsrolle werden uns zwar von außen her ständig unterschoben, sie sind aber heute in Deutschland allenfalls bei vereinzelten Spinnern vor-handen und keineswegs popu-lär. Uns reicht schon die Ehre, weltweit als " Großzahlmeister " eingeschätzt zu werden.

Nun habe ich allerdings den Eindruck, daß uns manche Österreicher auch noch unbe-dingt den verabscheuungswür-digen Gedanken einreden wollen, wir sollten uns auch noch die Probleme Österreichs unter den Nagel reißen. Weil dann nämlich deren sorgsam gehät-schelten antideutschen Kli-schees wieder viel besser passen würden.

Wir Bayern werden diesmal besser aufpassen. Wann immer in der Geschichte wir mit Öster-reich - so rüber oder so rüber -vereinigt wurden, hat es Mord und Totschlag gegeben. Nur staatlich getrennt konnten wir als streitbare Brüder halbwegs gut auskommen. Darum eine gutnachbarliche Bitte: Hört endlich auf, solange gegen un-sere nicht vorhandenen An-schlußgedanken zu wettern, bis am Ende bei uns jemand darauf aufmerksam wird! Keine Num-mer unter diesem Anschluß.

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