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Kein Reformersatz

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Nach den Rezeptgebühren sollen, den Intentionen der ÖVP entsprechend, nun auch Krankenscheine nicht mehr gratis sein. Vizekanzler Wolfgang Schüssel denkt an einen Selbstbehalt von 50 Schilling pro Schein und Quartal. Für Spitals- und Kuraufenthalte soll der Beitrag aus der eigenen Tasche von 56 auf 100 Schilling angehoben werden. Ausnahmen von der Regel: Schwache, chronisch Kranke, Mindestrentner ... Das zu betonen, ist Ehrensache in Vorwahlzeiten.

Eine Milliarde Schilling könnte das einbringen, andere meinen 300 Millionen. Wie auch immer. Wenn der Vizekanzler damit die „Schlauen und Gerissenen” im Visier haben sollte, jene, die das „Sozialnetz mißbrauchen”, so darf daran gezweifelt werden, daß sich diese Bösewichte durch solche Bagatellbeträge abhalten lassen. Solche Mini-Selbst-behalte wirken, wie bisherige Erfahrungen belegen, auf niemanden abschreckend. Spürbare Effekte gingen von einem Selbstbehalt nur dann aus, wenn man sie in der Börse spürt, meinte der Gesundheitsökonom Professor Christian Köck bei der jüngsten Fernsehdebatte „Zur Sache”. Die Rede ist von 20,50, ja 95 (!) Prozent der Kosten. Was darunter liegt, mausert sich bei näherer Betrachtung zu einer Form der Finanzierung des Gesundheitswesens.

Durch das Scheitern der Budgetverhandlungen ist eine falsche Optik entstanden: Die Politik wird auf Finanzierungsfragen reduziert und man vergißt dabei, daß es primär um grundsätzliche Reformen des Gesundheits-, des Pensions- oder des Steuersystems, also um Sachfragen geht. Ihre Lösung wurde bisher verschlampt, sie darf deswegen aber nicht kurzsschlüssig und um Budgetlöcher zu stopfen, im Ho-ruck-Verfahren vorweggenommen werden.

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