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Mangelberuf Kirchenmusiker

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Ab September wird es in Linz ein neu eingerichtetes Konservatorium für Kirchenmusik geben. Obwohl am Bruckner Konservatorium Linz die Sparte Kirchenmusik unterrichtet wird, die ein eher kärgliches Dasein fristet, hat sich die Diözese einen langgehegten Wunsch erfüllt und ein eigenes Konservatorium für Kirchenmusik errichtet. Dreißig Studenten haben sich bereits für den ersten Jahrgang angemeldet.

Als wesentlichen Unterschied zur Ausbildung am Bruckner Konservatorium erklärt Wolfgang Kreuzhuber, Domorganist und künftiger Leiter des Diözesankon-servatoriums, daß man möglichst praxisorientiert arbeiten möchte. Die jungen Musiker sollen „Rund-um-Kirchenmusiker" werden, die sowohl als Organisten, Chorleiter und Kantoren in der Liturgiefeier einsetzbar sind, aber auch konzertant auftreten können. Vor allem sollen sie lernen, mit Kindern zu musizieren und Kinder- und Jugendgottesdienste zu gestalten.

Allgemein gehe es auch um eine Niveauhebung des Orgelspiels. Musik im Gottesdienst solle nicht mehr wie bisher sehr oft die Funktion des Pausenfüllers oder der angenehmen Geräuschkulisse erfüllen. Auf gekonnte Improvisation und ordentliche Liedbegleitung würde man in der neuen Ausbildungsstätte besonderen Wert legen. Die Orgel solle den Stellenwert in der Liturgie wieder rückerobern, den sie jahrhundertelang vorher gehabt habe.

Für das Diözesankonservatorium ist kein Neubau erforderlich, man hat im Petrinum, dem bischöflichen Knabenseminar, schon eine Bleibe gefunden. Die fünf bis sechs Lehrer werden vom Staat angestellt und bezahlt, die Diözese fungiert als Schulerhalter. Damit hat das Konservatorium den Status einer katholischen Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht.

Keinesfalls soll das diözesane Konservatorium als Konkurrenzunternehmen zum Bruckner-Konservatorium verstanden werden. Auf enge Zusammenarbeit wird Wert gelegt. So sollen gleichnamige Lehrveranstaltungen mit Rücksicht auf die Teilnehmerzahl nicht doppelt abgehalten und Prüfungen gegenseitig anerkannt werden.

Derzeit herrscht in Oberösterreich großer Bedarf an Kirchenmusikern. Junge Leute wachsen kaum nach. Viele, die im konzertanten Bereich Erfolge erzielen, wandern nach Wien oder Salzburg ab und ziehen es vor, dort zu bleiben, klagt Kreuzhuber. Offene Stellen könnten momentan nicht nachbesetzt werden. Ein Grund für mangelndes Interesse der Studenten an Kirchenmusik ist „neben der Angst, ganze Wochenenden in der Kirche verbringen zu müssen", so Kreuzhuber wörtlich, auch die finanzielle Situation. Arbeit für Gotteslohn sei für junge ambitionierte Musiker nicht unbedingt das, was sie sich nach einer langen und aufwendigen Ausbildung erwarteten.

In der Diözese Linz sollen deshalb für die Absolventen zusätzlich Posten geschaffen werden. Kirchenmusiker sollen in den Pfarreien dann vorwiegend nebenamtlich tätig sein, aber auch im Schulbereich eingesetzt werden können.

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