Mikl-Leitner und Kogler streiten sich über das Wort "normal": Via Kurve zum Ziel!

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"Normal" hat viele Gesichter. Was Joseph Parkinson und die Eisenbahn damit zu tun haben, beschreibt Brigitte Quint in ihrer "Essenz".

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"Normal" hat viele Gesichter. Was Joseph Parkinson und die Eisenbahn damit zu tun haben, beschreibt Brigitte Quint in ihrer "Essenz".

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Zwischen Vizekanzler Werner Kogler und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner kriselt es. Es geht um das Wort „normal“. Sie sagt, sie will Politik für die „normalen“ Menschen machen. Kogler wiederum bezeichnet solche Sager als präfaschistoid. Das wiederum findet Mikl-Leitner abnormal. Vermutlich ist das normal. Aber was weiß ich schon.

Ich weiß nur, dass ich das Wort „normal“ herausstreiche, wenn ich Texte redigiere. Es beinhaltet keinerlei informativen Gehalt; verschwendet wertvollen Platz. „Anormal“ übrigens auch.

Interessanter ist da schon „Normal“. Groß geschrieben, englisch ausgesprochen. Gemeint ist die Stadt im US-amerikanischen Illinois, 1854 gegründet von einem Joseph Parkinson (soweit ich weiß, weder verwandt noch verschwägert mit James Parkinson, nach dem das Parkinsonsyndrom benannt ist). Jedenfalls hat dieser Joseph Parkinson seinerzeit beim Bau einer neuen Eisenbahn dafür gesorgt, dass diese eine Kurve machen muss, damit sie die bereits vorhandene Eisenbahn an einem ganz bestimmten Punkt kreuzt – und genau an dieser Stelle besaß und kontrollierte der gute alte Parkinson Land.

Deshalb liegt der Großteil von „Normal“ bis heute südlich der Bahngleise. Warum der Landstrich ausgerechnet „Normal“ getauft wurde? Damals war dort eine Schule für „Normalisten“ ansässig. So nannte man Lehrer, die den Kindern beibringen sollten, was „normal“ ist. Weil man diese Zuschreibung irgendwann für anormal hielt, wurde die Schule umbenannt. Die Stadt nicht. „Normal“ heißt weiter „Normal“.

Johanna Mikl-Leitner hat sich in Niederösterreich alle Gleise so zurechtgebogen, dass der Regierungszug an ihrer Person erstens nicht vorbeikommt und zweitens von ihr kontrolliert werden kann. Als sie fürchtete, an Einfluss zu verlieren, verwandelte sie holterdiepolter eine Sackgasse – die Koalition mit Udo Landbauer – in die einzig denkbaren Strecke zum Ziel. Alles zum Wohle der „Normal“-Bevölkerung, versteht sich.

Joseph Parkinson hätte die Gewieftheit der Landeshauptfrau (heißt das in Niederösterreich noch so?) begrüßt. Aber er ist tot. Und wir schreiben auch nicht mehr das Jahr 1854. Im Gegensatz zu St. Pölten ist das in „Normal“ angekommen.

Lesen Sie auch die Quint-Essenz: "Normalität: Unsexy und verdächtig."

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