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Saphir oder Dayan

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Im Laufe dieses Jahres wird der bevorstehende Rücktritt der 74jähri- gen Ministerpräsidentin Israels, Frau Golda Meir, immer aktueller. Hatte sie doch selbst erst kürzlich in einem Interview erklärt, daß sie nach den kommenden Wahlen im Jahre 1973 in den Ruhestand treten wolle. Die voraussichtlichen Kandidaten für die Nachfolge sind Finanzminister Pinchas Saphir und Sicherheitsminister Moshe Dayan, wobei letzterer weniger Aussichten haben dürfte. Saphir gehört zu den engsten Vertrauten Frau Golda Meirs.

Der Ausgangspunkt für Saphir ist es, daß er an der Spitze der israelischen „Tauben“ steht, während Dayan der „Falke unter den Falken“ ist. Der Machtkampf der beiden Staatsmänner Israels drang in den letzten Tagen in die Öffentlichkeit, nachdem Saphir Einschränkungen für das Sicherheitsbudget des Jahres 1971/72 forderte.

Im Jahre 1970/71 belief sich das gesamte Regierungsbudget auf zirka 13 Milliarden israelische Pfund, das sind zirka 82 Milliarden Schilling. Hiervon bildeten sechs Milliarden

Pfund das eigentliche Sicherheitsbudget. Hinzu kommen noch weitere 100 Millionen zwecks Baues von Zivilunterständen, militärischen Grenzsiedlungen usw. Der Gesamtanteil des Sicherheitsbudgets des Jahres 1970/71 am allgemeinen Nationaleinkommen betrug 24,7 Prozent. Ungefähr das gleiche Verhältnis ist für das Jahr 1971/72 vorgesehen. Im Vergleich mit anderen Ländern ist das israelische Sicherheitsbudget das weitaus höchste: Die USA geben trotz des Vietnamkrieges nur 8 Prozent für Sicherheitszwecke aus, die Türkei 5,6 Prozent, England 5,5 Prozent, Norwegen 4,1 Prozent, die Bundesrepublik Deutschland 4 Prozent, Frankreich 3,4 Prozent, Japan 1 Prozent.

Aber auch vor dem Sechstagekrieg beliefen sich die israelischen Rüstungsausgaben auf nur 10,7 Prozent des gesamten Nationaleinkommens. Während und direkt nach dem Sechstagekrieg 1967/68 stiegen diese Ausgaben auf 16,3 Prozent, 1968/69 auf 18 Prozent, 1969/70 auf 19,6 Prozent an.

Trotzdem Israel dank dem Sechstagekrieg besser zu verteidigende Grenzen hat und ein strategisch wichtiges Hinterland (die besetzten Gebiete) erhielt, sind die Sicherheitsausgaben nicht gesunken, sondern gestiegen.

Der Privatverbrauch der israelischen Bürger hingegen wurde in den letzten Jahren stark zurückgeschraubt und vergrößerte sich nur um 2 Prozent, statt wie früher um 8 Prozent im Jahr. Die israelische

Industrie entwickelte sich schnell, der Export stieg, doch die Handelsbilanz blieb trotzdem eine negative und der israelische Bürger zahlt von Jahr zu Jahr höhere Steuern, ohne dafür entsprechende Gegenleistungen zu erhalten.

Bei der Diskussion um das Sicherheitsbudget geht es auch um prinzipielle polititische Anschauungen. Saphir befürwortet die Rückgabe der besetzten Gebiete und will daher so wenig wie möglich in diese investieren. Dayan hingegen sieht die israelische Regierung als „ständige Regierung“ der besetzen Gebiete an, die als „besetzte Gebiete“ seinem Ministerium direkt unterstehen, und will sie aus diesem Grund mit den Geldern des Sicherheitsbudgets weiter entwickeln.

Die Frage ist, wo man bei dem Sicherheitsbudget Einsparungen vornehmen kann. Finanzminister Saphir betont, daß er weder Neuanschaffungen einschränken noch Neuentwicklungen von Waffen hemmen will. Doch könne man seiner Meinung nach bei Instandhaltung der Truppe (Einberufung der Reserven, Neubauten von Kasernen, Investitionen usw.) vieles einsparen. Ob die jetzige Situation tatsächlich Einsparungen auf dem Sicherheitssektor erlaubt, dürfte mehr eine politische als militärische Frage sein.

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