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Scharschaka-Leben

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„Der Sinn meines Lebens liegt darin, mich für Toleranz und Freiheit des Wortes einzusetzen. Darum erzähle ich von der Vergangenheit und von der Gegenwart was ich erinnere und was ich weiß.“

Lew Kopelew (siehe auch FURCHE Nr. 5/81), aus der Sowjetunion ausgebürgerter Literat und diesjähriger Träger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels, hält sich auch in seinem neuesten Werk konsequent an diese Maxime. Geradezu minutiös berichtet er aus dem Leben in der „Scharschaka“ — einer sowjetischen Sonderhaftanstalt in der inhaftierte Wissenschafter und Techniker mit besonderen Aufgaben betraut wurden.

Kopelew verbrachte neuneinhalb Jahre in der Scharschaka von Martino und war dort mehrere Jahre hindurch an der Entwicklung eines absolut abhörsicheren Telefons beteiligt — lange Zeit hindurch an der Seite Alexander Solschenizyns.

Auch während seiner Haftzeit noch ein „gläubiger“ Kommunist, glaubte Kopelew vorerst „daß die grausame Schlechtigkeit und die stumpfsinnige Seelenlosig- keit unseres Staatssicherheites, der Staatsanwälte, Richter, Gefängnis- und Lagerbürokraten,

wie auch die gesamte schändliche Lügerei unserer Presse und unserer offiziösen Literatur nur naturwidrige, ungesetzliche Entartungen gewesen seien“.

Doch die Jahre in der Scharschaka legten einen Grundstein dazu, daß Kopelew sich allmählich von den Scheuklappen der Parteilichkeit befreien konnte und sich den Ideen der Freiheit der Persönlichkeit und Toleranz verpflichtete.

Kopelews Schilderungen des Lageralltags sind vor allem dort erschütternd, wo er die Schicksale seiner Mithäftlinge schildert, die — wie er — unter den oft unglaublichsten Umständen vom brutalen Räderwerk des sowjetischen Sicherheitsdienstes erfaßt und über lange Zeit (viele für immer) verschlungen wurden. Ein ehrliches, lehrreiches und überzeugendes Buch - Gütemarke Kopelew.

TRÖSTE MEINE TRAUER. Autobiographie 1947—1954. Von Lew Kopelew. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 1981 410 Seiten, Ln.. öS 288.80.

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