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Sonntagsruhe

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Der christliche Sonntag hat zwei Elemente. Das erste und vorrangige ist der sonntägliche Gottesdienst, das zweite die Sonntagsruhe. Die Sonntagsruhe zu halten, ist nicht erst ein Problem unserer Tage. Die Juden haben den Sabbat mit unzähligen Vorschriften umgeben, um die Sabbatruhe zu garantieren oder zu erzwingen.

Diese Vorschriften haben den Sabbat in das Gegenteil verkehrt. Jesus hat dagegen protestiert: „J)er Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat“ Markus 2,27. Er hat bewußt die Sabbatvorschriften verletzt, wo sie sich gegen den Menschen kehrten.

Trotzdem hat Jesus nicht die Sabbatruhe als solche abgelehnt, und die Christen versuchten, den Sinn dieser Sabbatruhe in den Sonntag zu integrieren.

Als das Christentum sich durchsetzte, ja zur Staatsre-ligion* wurde, und So über den Rhythmus von Arbeit, Ruhe und Feiern im öffentlichen Leben mitbestimmen konnte, wurde der Sonntag als ein Tag der Ruhe möglich. Es wurden am Sonntag alle „lärmenden“ und „knechtlichen“ Arbeiten verboten. Das neue Kirchenrecht hat dieses Verbot neu gefaßt: „JJie Gläubigen haben sich jener Werke und Tätigkeiten zu enthalten, die den Gottesdienst, die dem Sonntag eigene Freude oder die Geist und Körper geschuldete Erholung hindern“, Canon 1247.

Sonntagsruhe ist in ihrem ursprünglichen Sinn mehr als Freizeit oder körperliche und geistige Erholung. Gerade der heutige Mensch flieht gern vor der Gesamtthematik menschlichen Daseins in die Hektik des Berufslebens oder des Vergnügens. Wenn er ruhig wird, nämlich am Sonntag, treten Inhaltsleere und Sinnarmut des Daseins in bedrückender Weise zutage (vgl. Viktor Frankl zur Sonntagsneurose).

,JDas dritte Gebot zielt über die Arbeitsruhe hinaus auf Feier hin. Der Mensch soll den siebenten Tag .heiligen', d. h. ihn aus dem Bannkreis des Gewöhnlichen herausnehmen und ihn in Verbindung mit Gott bringen ... Die Erfahrung des Sonntags soll dem Menschen zum Abstand von sich selbst helfen, damit die vielfach notwendige Geschäftigkeit nicht zu einer den Menschen gefährdenden Verlorenheit an seine Aufgaben wird. Den Sonntag heiligen heißt, sein Leben aus den Verengungen herausholen und es in größere, göttliche Sinnzusammenhänge stellen“ (Adolf Exeler).

Ruhe ist im biblischem Sprachgebrauch nicht Leere, Stillstand und Langeweile, sondern Fülle, Inbegriff der Vollendung. Die Sonntagsruhe will helfen, daß der Mensch zu sich selbst findet.

13. Teil einer Serie zur Lebensrele-, vanz der Zehn Gebote.

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