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Sonntagsmesse

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Für die Christen wird aus dem Sabbat der Sonntag — der Tag des Herrn (lateinisch: dies dominica) .Der alte Katechismus hat das dritte Gebot an diese Gegebenheit angepaßt: ,£>u sollst den Tag des Herrn heiligen“.

Der zentrale Inhalt war aber für die ersten Christen nicht die Sonntagsruhe — diese konnten sie, da sie eine Minderheit waren und den Arbeitsrhythmus nicht bestimmen konnten, gar nicht einhalten —, sondern die sonntägliche Eucharistiefeier. Die Mitte des Sonntags ist das gemeinsame Gedächtnis an Jesus Christus, den Gekreuzigten und den Auferstandenen. Die sonntägliche Teilnahme an der Eucharistie wird für die Christen zu einer selbstverständlichen Gewohnheit.

,Jn den ersten Jahrhunderten des Christentums war es wohl nicht nötig, eigene Vorschriften zur Mitfeier der Sonntagsmesse zu erlassen. Man hat in dieser Zeit wohl erlebt: Wer sich in aller Frühe vor der Arbeit zum Gottesdienst versammelt, der gehört zur Gemeinde, der will weiter zu ihr gehören, der will als Christ leben. Durch die Teilnahme am Herrenmahl bekennt er sich als Christ: er kann nicht Christ sein ohne Eucharistiefeier“ (Wilhelm Zauner).

Die ersten Christen waren nach altem Zeugnis der Meinung, ohne sonntägliche Eucharistiefeier nicht Christ sein zu können. Diese Meinung hat sich bei vielen Christen unserer Tage gründlich verändert. Bei der Katholikenumfrage 1980 sagten zur Behauptung: „Man kann auch ohne Sonntagsmesse ein guter Christ sein“ sechzig Prozent der Österreicher und zweiundsiebzig Prozent der Wiener: „JStimme völlig überein“.

Viele Christen unterschätzen heute die Bedeutung der Sonntagsmesse. Ähnliche Umfragen zeigen nämlich, daß der sonntägliche Gottesdienst sehr wohl ein wichtiger Indikator für christliche Uberzeugungen und Verhaltensweisen ist; d. h. je häufiger die Teilnahme, umso ausgeprägter diese Uberzeugungen und Handlungsweisen. Wobei es selbstverständlich viele Ausnahmen gibt.

Der Sabbat gewann für die Juden eine besondere Bedeutung, als sie aus ihrer Heimat vertrie ben, in der Fremde, im Exil, leben mußten. Nach dem Verlust des Landes und des Tempels wurden der Sabbat und die Beschneidung zum Zeichen und Merkmal des Bekenntnisses zu Jahwe, dem Gott Israels.

Die ersten Christen lebten in einer ähnlichen Situation der Diaspora. Je mehr die Christen von heute wieder faktisch in der Diaspora leben, um so wichtiger wird wieder der sonntägliche Gottesdienst.

Zwölfter Teil einer Serie zur Lebensrelevanz der Zehn Gebote.

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