7085421-1994_13_02.jpg
Digital In Arbeit

Gelassenheit ist gefragt

Werbung
Werbung
Werbung

Die österreichischen Politiker, für die der Beitritt Österreichs zur EU Prestigesache ist, aber auch Teile der österreichischen Bevölkerung, die um die Schicksalhaftigkeit dessen, was in Europa auf dem Spiele steht, wissen, werden buchstäblich bis zur letzten Minute auf die Folter gespannt und im unklaren gelassen, ob sich der von der Regierung festgesetzte Terminplan doch noch ausgeht oder ob die Volksabstimmung und der Beitritt auf den Herbst oder gar auf das nächste Jahr verschoben werden müssen. Die Verzögerungen der maßgeblichen Vorgänge können, wie auch sonst im Leben, wenn unvermutete Hindernisse auftreten, dazu führen, daß aus der gründlichen Vorbereitung ein besonders gediegenes und haltbares Produkt entsteht oder aber, daß sich die Lust an einer Sache, die sich allzulange hinzieht, verhört und aus dem Geplanten nichts wird.

Jedenfalls wird durch die Turbulenzen, die dem Beitritt der vier neuen europäischen Länder vorangehen, demonstriert, daß Politik auch im Zeichen und Zeitalter der europäischen Einigung nicht aufgehört hat, von nationalen Egoismen durchzogen und gestört zu sein. Insbesondere für die Briten mit ihrer insularen Selbstgenügsamkeit haben Fragen des nationalen Interesses und Prestiges allemal Vorrang vor solchen der europäischen Gemeinsamkeit und Gesinnung.

Die Haltung der enghschen Regierung und ihres angefochtenen Premiers zeigt überdies einmal mehr, daß die Außenpolitik noch immer von der Innenpolitik dominiert wird, bei der nicht nur nationale, sondern auch parteipolitische Machtfragen eine große Rolle spielen.

Doch all das sollte uns weder an der Demokratie noch an Europa, das es zu erweitern und auszubauen gilt, irre machen, sondern uns nur gelassen und skeptisch stimmen, ohne die Ziele aus den Augen zu verheren und ohne aus einer vorschnellen Euphorie in einen nicht minder unangebrachten Defätismus zu fliehen.

Gut Ding braucht eben Weile und straft nicht selten die, die es partout nicht erwarten können, ihr Ziel möghchst schnell und plangemäß zu erreichen, Lügen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung