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Statt Wahnfried - Qualhall

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Wer am Ende des Wagner-Gedenkjahres, das eine Flut einschlägiger Literatur gebracht hat, nur zögernd nach diesem Wälzer gegriffen hat, wird bald eingesponnen von der ganz eigentümlichen Stimmung dieser Aufzeichnungen. „Die Tagebücher“ Cosima Wagners umfassen in ihrem 1. Band die Jahre 1896 bis 1877, als Wagner den „Ring“ komponierte und instrumentierte, als er die ersten Festspiele vorbereitete und durchführte -und alles andere erlebte als einen Triumph. Von Tribschen war man nach Beyreuth übersiedelt, hier hofften die gesellschaftlich Verfemten Ruhe zu finden. Aber die Sorgen, die Schulden wurden immer größer: Kaum ein Tag, daß nicht von diesen Dingen die Rede ist. Dann die Ausstattung, die Besetzung der Hauptpartien, Freunde, die Wagner verlassen und Versprechungen, die nicht eingelöst werden. Aber zwischen den beiden großen Leidenden herrscht vollkommene Harmonie. Was Cosima, die Liszt-Tochter und geschiedene von Bülow, auf diesen Blättern gibt, ist mehr als eine Familienchronik und eine Apologetik des geliebten Mannes und großen Künstlers. Wir stehen vor einem Panorama europäischer, speziell deutscher Geschichte und Kultur während eines ereignisreichen Jahrzehnts. Und wir bekommen ein ganz neues Bild der „Herrin von Bayreuth“, die hier ganz als liebende Frau und Mutter erscheint, nur einem hingegeben, und zwar als Dienende. Störend, aber aufschlußreich: das bloßgelegte Verhältnis u Ludwig IlJ und ein fast drjjetctlosel' Antisemitismus , den es in Bayreuth immer gegeben hat. Erst nach dem Erscheinen des zweiten Bandes dieser Tagebücher kann eine vollständige Wagner-Biographie geschrieben werden.

DIE TAGEBÜCHER von Cosima Wagner. Herausgegeben von der Stadt Bayreuth. Ediert und kommentiert von Martin Gregor-Dellin und Dietrich Mack. Piper Verlag, München. Erster Band 1279 Seiten Dünndruck, öS 693.-.

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