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In New York trat die UNO zu einer Sondersitzung „Rohstoff-unid Entwicklungsprobleme“ zusammen. Die Starbesetzung des Plenums zeugte von der Bedeutung des Themas. Doch im Februar war noch „Sondersitzung Erdöl“ auf dem Programm gestanden. Die Staaten der Erdöl-produktion waren dagegen. Sie zogen alle Register und sie erzielten ihr Ziel: Eine Sondersitzung nach ihrem Geschmack und mit ihrem Thema.

„Erdöl“ hätte eine Gegenüberstellung von Erdölbesitzern und Erdölverbrauchern — den industrialisierten und den industrie-armen — geführt. Das neue und breitere Thema schweißt die Erdölbesitzer wieder in die Front der Rohstoffbesitzer gegen die Rohstoffverbraucher zusammen und verhindert eine Isolierung des Erdölbesitzes. Die“ Interessengegensätze zwischen Erdölbesitzern und jenen, die unter den Besitzverhältnissen leiden, wurden wieder durch die Interessengemeinschaft an einer neuen Rohstoffpolitik verwischt. Die Erdölreichen schufen wieder ein Forum der Gemeinsamkeit mit den Ärmeren und den Armen der Dritten Welt.

Der Druck auf die Entwicklungsländer, die Rohstoffe erzeugen, aber mit Erdöl nicht gesegnet sind, hat sich in den letzten Monaten vervielfacht. Fast groggy taumeln die Ärmeren unter ihnen zwischen den alten Mächtigen, die Industrieprodukte liefern und den neuen Mächtigen, die Erdöl liefern, hin und her.

„Auf dem entbehrungsreichen Weg zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit sind wir nun auf einem Knotenpunkt zweifacher Abhängigkeit angelangt“, schrieb „Political und Economic Review“ in Bombay. Sicherlich, die Preise fast aller Rohstoffe sind 1972 und 1973 gestiegen. Zink stieg um 184 Prozent, Kautschuk um 80 Prozent. Der Durchschnitt der Rohstoffpreise wurde um rund 50 Prozent gehoben. Als im Spätherbst 1973 die Erdölpreise und im Jänner 1974 die Industriepreise zum Höhenflug ansetzten, verschwanden die Preise der anderen Rohstoffe wieder in den Tälern.

Das Steigen der Rohstoffpreise hat überall große Hoffhungen erweckt. Die großen Vorräte in den Entwicklungsländern, der steigende Bedarf der Industrieländer ließ neue Abhängigkeitsverhältnisse und damit eine neue Verteilung des Wohlstandes erahnen. Doch in den drei Monaten, seit dem November 1973, haben Erdölpreise und Industriepreise das voraussichtliche Devisenwachstum der Entwioklungswelt von 25 Prozent für 1974 auf 0 gesenkt. Die UNO-Sondersitzung sollte Maßnahmen zur Änderung der Wirkung des Erdölschooks auf diese Länder der amputierten Hoffnungen suchen. Das Ersatzthema nach dem Wunsch der Erdölstaäten soll die wieder enterbten Staaten um die großen Erben scharen.

Vor der UNO-Prominenz suchte Generalsekretär Dr. Waldheim den Intentionen sowohl der Verteidiger ihrer alten Macht als auch der Verteidiger der neuen Macht entgegenzuwirken: „Heute stellt sich die Frage, ob die (wachsende) Interdependence (aller Nationen) sich positiv oder negativ auswirken wird“ — Zusammenarbeit oder Zusammenstoß der Rohstofförderer und der Rohstoffverbraucher.

Die Vorgeschichte der Sondersitzung fördert nicht den Optimismus.

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