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Trennung durch Sprache

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Horvdths doppelbödiges Drama „Kasimir und Karoline“ gibt Begis-seur und Schauspielern ein schweres Problem auf: Unter der Oberfläche des Volksstücks, das weder herzig noch vergnügt ist, wird die Ausweglosigkeit von Menschen dargestellt, die nur eine ausgeborgte, klischee--hafte Sprache haben, daher ihre Gefühle und Gedanken nicht artikulieren und sich nicht verständigen können, also einander verfehlen. Das Münchner Oktoberfest, das den Hintergrund abgibt, mit seiner scheinbaren Ausgelassenheit, ist nicht nur Gegensatz zu der Not des einzelnen, sondern auch Zeichen für die Feindlichkeit der Umwelt. Es dient ferner dazu, das Stück mit seiner an sich überzeitlichen Problematik in der Zwischenkriegszeit mit ihrer Wirtschaftskrise anzusiedeln und die Konflikte zu verschärfen.

In Innsbruck stand Regisseur Karl Goritschan nur die kleine Bühne der Kammerspiele zur Verfügung. Er versuchte, unterstützt durch das Bühnenbild von Peter Mülher, trotzdem eine realistische Atmosphäre zu schaffen, statt das Stück auf die Gegebenheiten der kleinen Bühne umzusetzen und es sozusagen zu „verkleinern“. Weniger Realismus wäre hier wahrscheinlich bekömmlicher gewesen. Aber einer strengen Stilisierung stand auch entgegen, daß der

Regisseur die Schauspieler nicht einheitlich führte. So versuchte jeder auf seine Weise, mit Horväths Sprachanforderung fertig zu werden: Sprache nicht nur als soziales Indiz zwischen Dialekt und Bildungsjargon, sondern als Spiegel eines Bewußtseins, als Spiegel unartikulier-barer Ängste und Hoffnungen dieser Menschen zu vermitteln. Einzig Oswald Fuchs als Kasimir war dieser Aufgabe völlig gewachsen. Dieser Schauspieler vermittelte dem Zuschauer das beklemmende Bild des gerade arbeitslos gewordenen Mannes, der seine Not, seine Angst, sein Unglück nicht aussprechen kann. Hilflosigkeit, Aufbäumen, Resignation und schlichte Menschlichkeit wurden hier deutlich. Bei Barbara Schalkhammer als Karoline machte sich hingegen das Fehlen einer stärkeren Anleitung durch die Regie bemerkbar — sehr gute Ansätze waren da; besonders im ersten Teil des Stücks kamen ganze Szenen überzeugend, vor allem wenn sie O. Fuchs zum Partner hatte. Und manche gute Augenblicke i gab es auch bei Gretl Fröhlich als Erna und bei Gerhard Matten als Schürzinger. Geführt durch eine straffe Regie, hätte dieses Ensemble eine sehr gute Aufführung garantiert.

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