Die Fixiertheit auf das kindliche Alter des Komponisten hat offensichtlich bis heute den Blick für die Qualität dieser ersten Mozartoper „La finta semplice" verstellt. Mit diesem Vorurteil des banalen Unreifen räumt Rene Jakobs bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik gründlich auf. Seine Interpretation erwächst aus der musikalischen Tradition: Schon durch die Verwendung alter Instrumente (Concerto Köln) wird die Musik klarer, härter und dramatischer, als zusätzliches Continuo-Instrument wird eine Laute eingesetzt. Inhalte, Stimmungen, feinste Nuancen leuchten auf.Zu
Entsteint durch die wirtschaftliche Abschiwächung ein günstigeres Klima für Kunst und Kultur? In Innsbruck könnte man den Eindruck haben. Der Intendant des Tiroler Landestiheaters, H. Wlasak, nannte bei einer Pressekonferenz vor einigen Tagen zwei Gründe für die stark gestiegenen Besucherzahlen seines Hauses: das mit fallendem Wohlstand steigende Kulturbedürfnis1 und das Niveau der Aufführungen. Sicherlich aber hat es auch mittelmäßige und sogar .schlechte Aufführungen gegeben, was allerdings vielfach durch die Publikumswirksamkeit der jeweiligen Stücke etwas kaschiert wurde.Im
Die gelungene Aufführung des „Lohengrin“ zeigt die Hand des Intendanten Wlasak, der Regie führte, aber auch ausgezeichnete Kräfte einzusetzen, ja zu gewinnen verstand und so einmal mehr die Grenzen, die einem Landestheater gesetzt scheinen, sprengte. Wlasak strebte keine mystische, aber auch keine psychologische Deutung der Handlung an, sondern suchte die schöne und effektvolle Stilisierung, die sich in seiner vielfach statischen Gestaltung zeigte: Wenig bewegt oder ruhig würdevoll schreitend “sollten die Chöre auftreten, wenig Dramatik lag im Spiel der Sänger.Hier wären freilich
Seit rund 30 Jahren wird die „Einladung ins Schloß“ von Jean Anouilh immer wieder inszeniert, eine graziöse Komödie, in der Ironie und Freude am Wortwitz nur so funkeln, die aber auch Ausdruck von Anouilhs Pessimismus ist. Intrigen und Gegenintrigen dienen dem Autor dazu, Verlogenheit, Egoismus, Neid und vor allem den Hochmut zu entlarven: Während eines großen Balls wird die Doppelbödigkeit der nur scheinbar heilen Welt aufgedeckt.Nun ist es durchaus legitim, das Komödiantische des Stücks, das auf dem alten Schwankmotiv der^ verwechselbaren Zwillinge beruht, in den Vordergrund zu
Smetanas „Verkaufte Braut“ kam bei der Premiere im Innsbrudcer Landestheater wegen ihres volkstümlichen Charakters und der heiter-einfachen Handlung zwar beim Publikum an, doch war .insgesamt die Aufführung enttäuschend, besonders wenn man an andere Opern im Landestheater, namentlich die glanzvolle „Tosca“ der Spielzeiteröffnung, denkt. Nun ist Smetanas berühmte Nationaloper, dieses musikalische Lustspiel mit ihrer Symbiose aus Volks- und Kunstmusik, sicher alles andere als leicht, die Ouvertüre etwa ist geradezu berüchtigt schwierig. Orchester und Dirigent Robert JVess-ler
Horvdths doppelbödiges Drama „Kasimir und Karoline“ gibt Begis-seur und Schauspielern ein schweres Problem auf: Unter der Oberfläche des Volksstücks, das weder herzig noch vergnügt ist, wird die Ausweglosigkeit von Menschen dargestellt, die nur eine ausgeborgte, klischee--hafte Sprache haben, daher ihre Gefühle und Gedanken nicht artikulieren und sich nicht verständigen können, also einander verfehlen. Das Münchner Oktoberfest, das den Hintergrund abgibt, mit seiner scheinbaren Ausgelassenheit, ist nicht nur Gegensatz zu der Not des einzelnen, sondern auch Zeichen für die
Zwei Aspekte des dritten Wettbewerbes um den Paul-Hofhaimer-Preis für Organisten in Innsbruck sind allgemein interessant: Die internationale Resonanz der Ausschreibung und die möglichen Rückschlüsse auf das Niveau der jungen Organisten in aller Welt.Der Wettbewerb, der nach dem berühmten, in Innsbruck tätigen Organisten Kaiser Maximilians I. benannt wurde, konnte schon durch den künstlerischen Rang der Juroren großes Interesse erwarten lassen: ' Gustav Leonhard, Luigi F. Taglia-vini und Michael Radulescu bewiesen auch in Konzerten ihr internationales Niveau.Überhaupt war das
Ein außergewöhnliches Ereignis in der deutschsprachigen Theaterwelt fand in Innsbruck statt: Shakespeares Königsdramen als Zyklus von fünf Vorstellungen, in einheitlicher Darstellung. Geplant und vorbereitet wurde dieses große Projekt seit mehr als vier Jahren. Intendant Helmut Wlasak konnte den unter anderem als Shakespearenachdichter bereits bekannten Manfred Vogel gewinnen, für Innsbruck die acht „Histories“ des großen englischen Dramatikers textlich und dramaturgisch neu zu fassen. Vogel hat nach den Urtexten fünf Dramen geschaffen, in denen er den Gehalt der
Seit 1965 wird jährlich in Innsbruck eine Internationale Orgelwoche abgehalten. — Das Gesamtprogramm umfaßte diesmal Werke von den Anfängen eigenständiger Orgelmusik bis ins frühe 19. Jahrhundert. Stefano Innocenti brachte in der Silbernen Kapelle auf der Renaissanceorgel frühe Italiener von Merulo bis Scarlatti zu Gehör. Luißfi Ferdinando Tagliavini spielte Kompositionen von Barock bis Klassik auf der kleinen Viller Orgel des frühen 19. Jahrhunderts. Michel Chapuisinterpretierte Couperin, Buxtehude und J. S . Bach auf der neuen großen Orgel in der Stiftskirche Wüten. — Gustav
Im Alter von 74 Jahren schrieb Giuseppe Verdi seine Oper „Othello“. Die Premiere im Großen Haus des Innsbrucker Theaters zeigte, daß das Werk, welches sofort nach seinem Entstehen stürmisch gefeiert wurde, auch heute noch nichts von seinem Glanz eingebüßt hat. Shakespeares dramatischer Stoff, von Arrigo Boito behutsam und doch im Geist der Zeit der Spätromantik bearbeitet, war die ideale Vorlage für eine Oper, in der die herkömmliche Form des Musiktheaters, sicher auch unter dem Einfluß Wagners, aber eigenständig aufgelöst wird zugunsten eines Musikdramas, in dem die ariosen
Mit monomanischer Zielstrebigkeit geht , Strindberg in seinem Trauerspiel „Der Vater“ an die Schilderung des grenzenlosen Mißtrauens und des gnadenlosen Kampfes um die Macht in einer Ehe. Die Erziehung des Kindes wird hier zum Streitpunkt. Mit sadistischer Perfidie versteht Laura, die Mutter, bei ihrem Mann Zweifel an der Abstammung des Kindes zu wecken, und treibt ihn damit in den Wahnsinn und letztlich in den Tod. Der Kampf der Geschlechter in einer Ehe, deren menschliche Bindungen längst dem Kampf um Eigentum, Macht und dem triebbedingten Haß gewichen sind, wird von Strindberg bis
Um des Erfolges willen kehrte Ferdinand Raimund in seinem letzten Stück bis zu einem gewissen Grade zur Art der Märchen- und Zauberstücke seiner Frühzeit zurück. Es fehlt dem älteren und weitgehend pessimistischen Autor jedoch die ungebrochene Naivität seiner ersten Werke. So entsteht im Verschwender ein Bruch: Einerseits führt der Autor übernatürliche Mächte ein, die das Geschick des Menschen leiten, anderseits haben sie ihre Gewalt über ihn verloren; der Mensch, hier der Held des Stückes, entscheidet selbst über sein Schicksal. Die Handlung des „Verschwenders“ wäre auch
„Die Zofen“, wohl eines der besten Dramen Genets, sind ein Problemstück vom Inhalt und von den Anforderungen her, die es an Interpreten und Zuschauer stellt. Wie soll das Publikum wissen, daß schon in der ersten Szene ein Spiel im Spiel geboten wird? Und doch sollte man, um das Stück richtig zu erfassen, wissen, daß nicht nur ein eigenartiges Verhältnis zwischen zwei Personen besteht, sondern zwei Zofen zugleich den Aufstand gegen die Herrschaft proben, wobei die eine die Rolle der Gnädigen, die andere die ihrer Gefährtin übernimmt. In den Demütigungen und Aggressionen, die zu
Paul Claudels strenge Forderung an den handelnden Christen, aktiv an der Gestaltung des menschlichen Miteinander zu arbeiten und dafür auch die schwersten, „unmenschlichsten“ Opfer zu bringen, findet ihre dramatische Formulierung in seiner 1909 begonnenen Trilogie, deren erster Teil „Der Bürge“ in Innsbruck inszeniert wurde. Der Dichter stellt zugleich die Frage nach den Möglichkeiten des Christen, als solcher politisch einsichtig zu handeln. Die zeitlose Gültigkeit der Stücke Claudels liegt in der Ver-anschaulichung der Fähigkeiten des Menschen, kraft seiner inneren Haltung die
Im Theater hinter dem Vorhang, der Experimentierbühne des Tiroler Landestheaters, fand die österreichische Erstaufführung von Wilhelm Pevnys „Satisfaction oder was bedeutet Mick Jagger Frau Ada Popp“ statt. — Der einunddreißigjährige Wiener Autor bietet in seinem Stück eine Fülle von Ansätzen sozialkritischer und psychologischer Art. Ada Popp versucht nach dem Tode ihrer Herrin, in deren Haus sie lebt, sich zu befreien, jahrzehntelange Unterdrückung und Bevormundung abzuschütteln. Jetzt will sie frei sein, leben, sich etwas gönnen. Doch kaum stellt sie etwa das Radio zu laut
Was bezweckte das Tiroler Landes- theater mit der Innsbrucker Erstaufführung von Edward Bonds „Die See“? Dieses Aggressionsstück ist in London und in vier deutschsprachigen Großstädten ohne besonderen Erfolg gespielt worden. Sollte das Stüde, das die gesellschaftlichen Zwänge und Aggressionen am Beispiel einer Kleinstadt aufzeigen will und sie durch das allgewaltige, dauernd gegenwärtige Meer symbolisiert, in Innsbruck besser ankommen? Auch in dieser kleineren Großstadt sind die Mechanismen der Gesellschaft schon komplexer; ein Vergleich zwischen Meer und Alpen liegt nicht nahe.Das