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Wandelnder Widerspruch

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„Israel muß auf alle besetzten Gebiete verzichten. Will es mit den arabischen Staaten jemals einen Frieden erreichen, so muß es die Verhandlungen nicht nur mit Ägypten, Syrien und Jordanien, sondern auch mit den Palästinensern, sogar mit der PLO führen“, erklärte Nahum Goldmann dieser Tage in einem Interview zu einem Zeitpunkt, als der Judenstaat um jeden Zentimeter feilschte, den er bereit wäre, auf Grund eines Zwischenabkommens mit Ägypten zu räumen. In Israel sah man das als einen „Dolchstoß in den Rücken“ an.

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„Israel muß auf alle besetzten Gebiete verzichten. Will es mit den arabischen Staaten jemals einen Frieden erreichen, so muß es die Verhandlungen nicht nur mit Ägypten, Syrien und Jordanien, sondern auch mit den Palästinensern, sogar mit der PLO führen“, erklärte Nahum Goldmann dieser Tage in einem Interview zu einem Zeitpunkt, als der Judenstaat um jeden Zentimeter feilschte, den er bereit wäre, auf Grund eines Zwischenabkommens mit Ägypten zu räumen. In Israel sah man das als einen „Dolchstoß in den Rücken“ an.

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In diesen Tagen feiert Nahum Goldmann seinen 80. Geburtstag. Er ist der „letzte Mohikaner“ aus der Reihe der alten Großen. Der verstorbene David Ben Gurion sagte über ihn: „Goldmann ist als Widerspruch auf die Welt gekommen.“

Von 1956 bis 1972 war Goldmann Präsident der zionistischen Weltvereinigung und heute ist er noch Präsident des jüdischen Weltkongresses. Fast sein ganzes Leben hat er dem Zionismus gewidmet. Doch weder er noch seine Kinder haben diesen Zionismus in die Tat umgesetzt. Erst vor einigen Jahren kaufte sich Goldmann eine Wohnung in Jerusalem. Er lebt lieber in Paris oder in New York.

Nahum Goldmann träumte immer davon, der reisende Staatsmann Israels zu werden, doch war er nur der Reisediplomat des Staates, als dieser noch nicht bestand. Er war immer für Kompromisse, sah sich jedoch gezwungen, für seine Kompromisse zu kämpfen. Nur einmal verwendete ihn der Judenstaat in offizieller Mission: 1953, als er die Wiedergutmachungsverhandlungen mit dem verstorbenen Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer aufnahm.

Die Israelis verärgerte Goldmann des öfteren. Doch in der Diaspora erfreute sich unter den Juden großer Popularität.

Im Oktober 1956 sprach er gegen den Sinaifeldzug des Staates Israel. Während des Sechstagekrieges zog er es vor, nicht nach Israel zu kommen. Die Israelis verziehen es ihm nicht.

1970 wurde er von dem verstorbenen ägyptischen Staatspräsidenten Gamal Abdel Nasser eingeladen, über Friedensmöglichkeiten zu verhandeln. Doch Golda Meir weigerte sich, Goldmann zu beauftragen. Sie sagte: „Wenn Nasser will, kann er mich selbst einladen.“ Drei Jahre später kam es zum Jom-Kippur-Krieg.

1972, als Israel in Amerika und in den westeuropäischen Ländern eine Kampagne gegen die Sowjetunion inszenierte, um die Auswanderungserlaubnis für Juden zu erreichen, meinte Goldmann, Israel möge nicht für die Auswanderung der russischen Juden kämpfen, sondern für die Rechte der jüdischen Minderheit in der Sowjetunion. Der damalige Präsident der zionistischen Weltvereinigung Dr. Nahum Goldmann durfte aus diesem Grunde die Jubiläums-.rede anläßlich des 75jährigen Bestehens der zionistischen Bewegung nicht halten.

Er kannte und kennt fast alle großen Staatsmänner der Welt, die seit den dreißiger Jahren regierten. Kissinger ist sein persönlicher Freund, Adenauer war es auch. Besonders stolz ist er darauf, daß Benito Mussolini ihm 1934 erklärt hat: „Hitler ist ein Vollidiot — wenn Hitler schon längst tot ist, wird das jüdische Vok immer noch ein großes Volk sein.“

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