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Was wollte der Wähler?

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Ob in Österreich überhaupt kein Atomkraftwerk gebaut Vierden soll, ist die eine, und die Berufung auf ein Votum der Volksabstimmung ist eine andere Frage. Zur ersten ermöglichen die Expertendiskussionsschlachten der letzten Monate weniger denn je ein seriöses Urteil. Ob das beabsichtigte

„Kernenergieverbotsgesetz“ rechtspolitisch der richtige Weg ist, einen negativen Saldo politisch durchzusetzen, steht hier gleichfalls nicht zur Diskussion. Eines aber ist sicher: daß man sich dabei auf das Ergebnis vom 5. November nicht berufen kann.

Daß es nicht wenige „Neinstimmen gegeben hat, die lediglich die Inbetriebnahme von Zwentendorf aus speziellen damit verbundenen Motiven (Sicherheitsvorkehrungen, Standortwahl usw.), nicht jedoch Atomkraftwerke grundsätzlich abgelehnt haben, wurde schon gesagt. Die persönliche Taus-Empfehlung lag auf dieser Linie. Bei der Mehrheit von knapp 30.000 Stimmen fällt ihre Zahl wohl ins Gewicht, und dies allein schon macht eine eindeutige Interpretation des Wählerwillens unmöglich.

Was aber noch viel mehr berechtigten Zweifel an der Deutung der „Nein“-Stimmen aufkommen läßt, ist der Umstand, daß Bundeskanzler Kreisky diese Volksabstimmung noch in letzter, aber entscheidender Minute zu einem Vertrauensvotum für sich und seine Regierung umfunktioniert hat. Angesichts der knappen Differenz hat die Zahl derer sicherlich Gewicht, die sich erst unter diesem Eindruck entweder dazu entschlossen haben, sich statt eines „Jas“ der Stimme zu enthalten, und vor allem die Zahl jener, die sich in der Sachfrage überfordert fühlten und daher zunächst nicht die Absicht hatten, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, die aber mit „Nein“ stimmten, als sie um ihr Vertrauen zur gegenwärtigen Bundesregierung gefragt wurden.

Die Zuordnung dieser Anteile wird kaum je festgestellt werden können. Eines aber ist sicher, daß diese unglückselige und unentwirrbare Vermischung von Motivationen das Ergebnis dieses Urnenganges über die Begründung der Nichtinbetriebnahme von Zwentendorf hinaus letzten Endes völlig wertlos macht.

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