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Wiener Staatsoper — sündteures Stadttheater?

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Eberhard Waechter, bisher als Volksoperndirektor mäßig erfolgreich, bekam seinen Lebenstraum erfüllt. Er wird ab September 1991 zu seinen Volksopernagenden auch die Wiener Staatsoper als Direktor übernehmen. Und an seiner Seite soll der Sängeragent Joan Holender als Generalsekretär für den guten Ton im Haus am Ring sorgen.

Daß der „gute Ton“ schon zum Einstieg nicht stimmte, als der amtierende Direktor Claus Helmut Drese bei seiner Saisonpressekonferenz nichts vom längst perfekten Vertrag mit Waechter wußte, daß Claudio Abbado,Musikdirektor der Staatsoper, erst in letzter Minute informiert wurde, waren verhängnisvolle Peinlichkeiten.

Die Wogen haben sich inzwischen geglättet. Was Waechter vorschwebt: Ein Opernkonzern aus Staatsund Volksoper, in dem Stars nicht mehr oder nur wenig den Ton angeben, dafür ein Ensemble aufgebaut wird. Bei den Regisseuren will Waechter vor allem „praktikable Genies“ beschäftigen, die den Probenbetrieb nicht belasten, am Spielplan sollen vor allem Mozart, Richard Wagner und Richard Strauss stehen. Erster Schock für Opernfreunde: 1991/92 wird es keine Premiere geben, sondern lediglich Auffrischungen alter Produktionen. Auch die italienische Oper soll mehr in den Hintergrund treten. Repertoirevorstellungen, breiter gefächert und von guter Qualität, sollen zumindest teilweise das teure „Gästekarussell“ ersetzen.

Die Struktur änderungen werden tiefer greifen, als wir uns heute ausmalen können. Fraglich ist, ob Wien auf dieser Basis ein „erstes Opernhaus“ bleibt oder ob da eine Art „sündteures Stadttheater“ entsteht. Eines steht aber fest: Wenn dieses Experiment scheiteret, wie ja die Zusammenlegung von

Staats- und Volksoper bereits einmal, in der Direktionszeit Rudolf Gamsjägers, nach einem Vierteljahr eiligst abgeblasen wurde, dann wird Waechters Nachfolger angesichts eines Trümmerhaufens neu anfangen müssen.

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