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„Zwischen Reformen und Intrigen“

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Die Bundestheater sind wieder im Gespräch, allerdings nicht deshalb, weil die Aufführungen so aufregend wären, sondern weil einige Leute Interesse daran haben, den Königsmacher zu spielen. Da die Direktoren der einzelnen Häuser bereits ernannt sind, gibt es nur mehr einen attraktiven Posten, und zwar den des Leiters der Bundestheaterverwaltung, um den es geht Es war zweifellos ein Versäumnis der ÖVP, daß sie in der Zeit ihrer Alleinregierung die Reform der Bundesteater nicht durchgeführt hat Es gab zwar ein Konzept doch was es nicht gab, das war ,diaEiasic,ht, daß die beste Partó^ióffi^-Ldtó man mit den Bundestbeatem betreiben kann, die J&ler PaiteipöKtik herauszuhalten. Künstlerisch und wirtschaftlich gut geführte Bundestheater sind die beste Propaganda für die Partei, die dafür die Grundlagen geschaffen hat. Erst in letzter Minute erwachte in der ÖVP der Reformeifer. Im Glauben, daß sie niemals das Unterrichtsministerium verlieren wird, setzte sie wenige Wochen vor den Wahlen Doktor Heindl als Leiter der Bundestheaterverwaltung ein, damit er die Reformen durchführe. Heindl selbst erklärte gleich am Beginn seiner Tätigkeit, daß er sich als letzter Inhaber des Aimies in seiner alten Form fühle.

Als es dann anders kam und der Sozialist Gratz Minister wurde, ergaben sich automatisch Schwierigkeiten. Nicht so sehr zwischen Gratz und Heindl, die beide keine Erfahrung in ihrem Arbeitsgebiet und aus diesem Grund eher ein kameradschaftliches Gefühl füreinander hatten, sondern die Schwierigkeiten ergaben sich aus parteipolitischen Gründen. Nach 25jähriger ÖVP-Herrschaft im Unterrichtsministerium lechzten viele, die sich von der ÖVP übergangen fühlten, nach der Beute. Dazu kam, daß innerhalb der Beamtenschaft selbst, von der einige bei einer Reform der Bundestheaterverwaitung um ihre Positionen fürchten müssen, manche Intrigen gegen den Leiter geführt wurde. In Abständen von drei Monaten wurden Meldungen mit Namen von präsump- tiven Heindl-Nachfolgem lanciert. Zumeist dementiert der Minister diese Meldungen, doch in so unverbindlicher Form, daß jeder glauben konnte, an den Gerüchten wäre doch etwas Wahres. Darüber hinaus entstand der Eindruck, als wäre der Chef der Bundestheaterverwaitung kaum früher als die Öffentlichkeit über die Namen der neuen Bundestheaterdirektoren informiert worden.

Auch das letzte Gerücht, daß Stadthallendirektor Jungbluth

Leiter der reformierten Bundestheaterverwaitung werden soll, wurde zunächst etwas pythisch vom Minister dementiert. Er könne, so meinte Gratz, über eine Bestellung- von Jungbluth nichts sagen, wohl aber erklären, daß Heindl auch nach der Reform der Bundestheaterverwal- tung in dieser eine Aufgabe erhalten werde. Da aber Jungbluth in das Gremium berufen wurde, das demnächst mit den Verhandlungen über die Reformpläne beginnt, blieb die Frage offen, welche Position künftighin Heindl und welche Jungbluth einnehmen wird.

In seiner Pressekonferenz am 19. Jänner beantwortete der Mini-

ster diese Frage. An Stelle der Bundestheaterverwaltung soll ein für alle wirtschaftlichen Belange der Bundestheater verantwortliches Wirtschaftsmanagement treten. Die rechtliche Form dieser Konstruktion muß erst mit den anderen zuständigen Stellen wie Finanzministerium und Rechnungshof ausgehandelt werden. Der Minister stellt sich jedoch vor, daß sich dieses neue Gebilde aus fünf Personen zusammensetzen soll, und zwar aus den drei Direktoren der Bundestheater, aus einem Generalsekretär und einer Art künstlerischem Verbindungsmann. Als Generalsekretär möchte der Minister Direktor Jungbluth und als den künstlerischen Koordinator Dr. Heindl einsetzen. Das heißt also: Burgtheater- und Opemdirektor sowie der Generalsekretär, der praktisch der Generalmanager und somit eigentliche Leiter ist, kommen von links. Dr. Heindl darf kulturelle Ezes geben, mehr kaum, da die einzelnen Theater künstlerisch autonom sind. Es bleibt abzuwarten, ob die Oppositionspartei, die dem Gesetz zustimmen muß, damit es in Kraft tritt, dem roten Minister nicht einen schwarzen oder blauen Strich durch seine personalpolitische Rechnung macht.

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