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Mit George W. Bush steigt das "patriotische Fieber" in den USA weiter.

Noch schlimmer als die Wiederwahl von George W. Bush ist die knappe Wiederwahl des Präsidenten. Immerhin aber ist uns die Wiederholung des Wahlchaos von 2000 erspart geblieben. Denn rückblickend ist es wirklich erstaunlich, wie sehr sich der Aufschrei über die Skandal-Wahl 2000 samt zweifelhaftem juristischen Nachspiel in Grenzen hielt. Grund dafür mag der Respekt sein, den die Amerikaner ihrem Obersten Gericht entgegenbringen - ob dieser Respekt eine zweite 5:4-Entscheidung für Bush ausgehalten hätte, ist in dem heute deutlich mehr gespaltenen Land allerdings fraglich. Bush war zwar nicht der erste, sondern der vierte US-Präsident, der sein Amt ohne Stimmenmehrheit angetreten hat; doch keiner lag bei den Wählerstimmen so sehr im Rückstand wie Bush - und: keiner wurde wiedergewählt.

Für den Fall eines Bush-Revivals hatte die US-Kulturzeitschrift Harper's in ihrem "Leserservice für das Auswandern am 3. November" etliche Exilorte aufgezählt; Harper's schließt aber mit dem Fazit: Es ist schwierig, die US-Staatsbürgerschaft loszuwerden - wer seinen Pass verbrennt, macht sich strafbar. An Auswandern oder Pass verbrennen, denken aber auch bei einer zweiten Bush-Amtszeit nur wenige US-Bürger. Dazu steckt zuviel Wahrheit in dem Sager, dass, wenn man nur lange genug an einem Amerikaner kratzt, bei jedem ein Erlöser zum Vorschein kommt.

Bei Bush musste nur kurz gekratzt werden, und der Erlöser glänzt bei ihm besonders hell. Mit seiner Sendungsidee, mit seiner Scheidung der Welt in Gut und Böse steht Bush aber in einer langen amerikanischen Tradition. In allen innen- und außenpolitischen Krisen stieg das "patriotische Fieber" in den USA, wurde der Versuchung zur Hexenjagd nachgegeben, waren Grundfreiheiten in Gefahr. Bisher hat dieses periodische Fieber die US-Demokratie nie ernsthaft gefährden können, stieg das Fieber nie über den kritischen Wert, sondern konnte durch die andere, die liberale Tradition Amerikas immer gesenkt werden. Mit vier weiteren Jahren Bush aber wird dieses Fieber weiter steigen - Überhitzung nicht ausgeschlossen.

wolfgang.machreich@furche.at

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