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Also Bill Clinton

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Der 42. Präsident der USA wird ab 21. Jänner 1993 Bill Clinton heißen. Seit Frühsommer 1992 schon hat alles daraufhingedeutet, eine von Meinungsforschern in den letzten Tagen vor der Wahl registrierte Aufholjagd von George Bush hat am voraussagbaren Ergebnis nichts mehr geändert, sondern höchstens noch einige Bush-Gegner animiert, den Urnen nicht fernzubleiben.

Zählt man zu den Clinton-Stimmen auch noch das achtunggebietende Votum für den schrulligen Ölmilliardär Ross Perot dazu, wird das ganze Ausmaß der Unzufriedenheit mit dem amtierenden Präsidenten klar. Fast zehn Millionen Arbeitslose (6,7 Prozent im Vorjahr), 36 Millionen US-Amerikaner im statistischen Armutsbereich, ein Budgetdezifit und eine Staatsschuld wie nie zuvor, verfallende Städte, eine zeitweise sogar schrumpfende Produktion: Das sind die Trümmer, die von der „konservativen Revolution" des Amtsvorgängers Ronald Reagan übriggeblieben sind.

Daneben mußte das Siegerlächeln des George Bush nach dem Wüstenkrieg mit Saddam Hussein verblassen. Und auch die Anzeichen einer vernünftigen Nahostpolitik, die freilich mehr dem Regierungswechsel in Jerusalem als einer Meisterstrategie der USA zu verdanken ist, retteten Bush nicht mehr. Außenpolitik spielt in US-Wahlentscheidungen selten eine führende Rolle, diesmal spielte sie so gut wie gar keine.

Auch das kam dem jugendlichen Herausforderer Bill Clinton (45) zugute: Man muß um keinen Betriebsunfall in der West-Ost-Politik mehr fürchten. Selbst größere außenpolitische Schnitzer einer demokratischen Regierung würden die Sicherheit der USA nicht mehr unmittelbar gefährden. Die Chance, daß solche passieren werden, ist angesichts der außenpolitischen Unerfahrenheit Clintons erheblich. Aber was hat denn die angeblich große weltpolitische Erfahrung des George Bush wirklich gebracht? Jedenfalls wenig zum Jubeln. Unbestritten ist, daß Clintons Vizepräsident AI Gore um Klassen mehr Nachfolgerqualitäten aufweist als Bush-Vize Dan Quayle und da Amerikas Präsidenten nicht von Supermachtfeinden, sondern von Narren angeschossen werden, ist jeder Vize der totalen Macht jeden Tag millimeternah.

Ein Präsident Bill Clinton wird das Steuer der US-Politik nicht total herumreißen. Ein wenig korrigiert hätte wohl auch George Bush. Was sich alles ändern wird, dürfte erst schrittweise sichtbar werden. Aber auf jeden Fall wird ein frischer Wind durch Washington blasen. Das ist in einer Hauptstadt der Machtapparate und verfilzten Strukturen nach zwölf Jahren der Herrschaft einer Partei auf jeden Fall etwas Gutes. (Eine Regel, die auch für andere Länder gilt: Nirgendwo sollte dieselbe Partei allzu lange die Zügel führen.) Man darf der Ära Clinton mit Hoffnung entgegensehen.

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