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Wenn Lieschen ins Manöver zieht...

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Manche bezeichneten es als Danaer-Geschenk: gerade am Frauentag präsentierte die große Koalition ihre jüngste Vereinbarung: „Gleichberechtigte Möglichkeiten für Berufskarrieren im Bundesheer" sollen Österreichs Frauen den Weg zur Soldatenlaufbahn öffnen. Binnen eines Jahres sollen die Bichtlinien zur - freiwilligen - Teilnahme der Osterreicherinnen am Heer von Frauenministerin Helga Konrad (SP) und Verteidigungsminister Werner Fasslabend (VP) ausgearbeitet werden.

Konrad pocht auf die Verankerung der Freiwilligkeit in der Verfassung, auf gleichberechtigten Zugang zu allen Waffengattungen und Funktionen, ein diskriminierungsfreies Arbeitsfeld und Kostenneutralitat. „Anderenfalls", drohte die Ministerin, „wird es keine Zustimmung von mir geben." Für den Verteidigungsminister ist „die Sache nicht mehr zu verhindern". Selbst die bekanntlich nicht sehr frauenfreundliche Schweiz habe einen weiblfchen Brigadier und Frauen im Generalsrang. Derzeit stehen 3.200 Frauen in den Diensten des Bundesheeres, wenn auch nur im Verwaltungsdienst. „Sie sind in ihrem beruflichen Fortkommen behindert", meint Fasslabend, „da für viele Funktionen militärische Kenntnisse erforderlich sind."

Die Frauenministerin zeigt sich zwar „gesprächsbereit", will aber nicht „so tun, als wäre gerade das Militär der letzte Hort, wo Gleichberechtigung stattfinden kann". Freiheitliche und Liberale treten allgemein für ein Berufsheer ein, zu dem auch Frauen Zugang haben sollen. Für die Grünen existiert das Thema nicht. „Ich finde, das Bundesheer sollte den Haushaltsdienst übernehmen", witzelt der Abgeordnete Peter Pilz.

Seit der damalige Wehrsprecher der OVP, Felix Ermacora, im August 1988 mit einem parlamentarischen Antrag den Vorstoß in Bichtung „Frauen ins Bundesheer" wagte, tauchte die Diskussion mit wechselnder Intensität in der österreichischen Innenpolitik immer wieder auf. Im Juli 1990 forderte die damalige Frauenministerin Marilies Flemming (VP) eine Volksabstimmung zum Thema. Ex-Frauenchefin Johanna Dohnal zeigte sich heute verwundert über Zeichen von Gleichberechtigung „in Zeiten, in denen die Zweifel über die Sinnhaftigkeit des Heeres stie-gen".

Im Sinne einer „echten Gleichberechtigung" trat die Generalse-kretarin der ÖVP, Maria Bauch-Kal-lat noch im Februar für die Möglichkeit für Frauen ein, freiwillig den Wehrdienst zu leisten; auch dann, wenn dies nur von einem kleinen Teil angestrebt würde. Etwa sechs Prozent jedes Jahrgangs, meint der Verteidigungsminister, haben Interesse an einer militärischen Ausbildung. Der 1995 gegründete Verein „Frauen zum Bundesheer" will bereits eine „ganze Kompanie" stellen.

Iris Frank, Mutter von vier Kindern und Mitarbeiterin bei SOS-Mitmensch, fällt es zwar schwer zu denken, daß nun „auch Frauen zur Übung einen kleinen Steinbruch sprengen und eifrig in Schützengräben herumspringen". Aber zu sagen, Frauen sollen dies nicht tun, wäre falsch, meint sie. Was es denn eigentlich zu verteidigen gäbe? Sie hält es für wichtig, sich notfalls gegen Feinde zur Wehr setzen zu können, die „die Identität von anderen zerstören wollen." Die Neutralität, wie wir sie 1955 unterzeichneten, sei passe, sagt Maria Purt von den Flo-ridsdorfer Grünen (Wien). Sie fände es „toll, wenn auch junge Männer nein zum Dienst beim Heer sagen könnten, ohne eingesperrt zu werden".

Die Autorin ist

freie Mitarbeiterin der Furche.

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