Auch noch Sündenböcke

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Seit dem 11. September ist die Lage der Christen in Pakistan noch schwieriger geworden.

In der katholischen Kirche St. Dominic in Bahawalpur feiern auch die Christen anderer Konfessionen Gottesdienst. Als am Sonntagmorgen des 28. Oktober Gläubige der protestantischen "Church of Pakistan" in St. Dominic versammelt waren, kamen sechs bewaffnete Männer auf Motorrädern zur Kirche und ermordeten den muslimischen Polizisten, der dort als Wache fungierte. Dann drangen drei der Bewaffneten in die Kirche ein, schlossen die Tür, damit niemand entkommen konnte, und eröffneten das Feuer auf die Versammelten. Siebzehn Menschen wurden bei dem Massaker in der Kirche getötet, zwölf davon kammen aus einer Familie.

Der Terroranschlag von Bahawalpur, so ein Caritas-Bericht aus Pakistan, ist nicht die erste Gewalttat gegen Christen in Pakistan, die im Gefolge der US-Bombenangriffe auf Afghanistan verübt wurde: Am 11. September, jenem Tag, an dem die Bombardements begannen, sei in der Nähe der Stadt Quetta ein Dorf mit 80 christlichen Familien von einer aufgebrachten Menge angegriffen worden. Die Christen mussten daraufhin eine Woche lang - unter schwerem Polizei- und Militärschutz - auf dem Platz vor der Kirche kampieren.

An den Christen - nur eine Minderheit von zwei Prozent im Land und nicht mit den gleichen politischen Rechten wie die muslimische Mehrheit ausgestattet - wird von Extremisten Vergeltung geübt für das Töten unschuldiger Frauen und Kinder durch die Bombenangriffe auf Afghanistan. Auf diese Weise verschärft sich die ohnehin schon schwierige Lage der pakistanischen Christen dramatisch.

Vor allem das unterschiedlich ausgelegte Blasphemiegesetz macht den christlichen Gemeinden zu schaffen. Seit 1990 sieht dieses Gesetz, das sich auf die Scharia beruft, die Todesstrafe vor, wenn jemand wegen der Verletzung religiöser Gefühle verurteilt wird. Seit Jahren machen die pakistanischen Christen, so der Caritas-Bericht, die Erfahrung, dass diese Gesetzesbestimmungen von der muslimischen Mehrheit zur "Lösung" persönlicher Streitigkeiten oder von Konflikten zwischen Familien gegen sie in Anwendung gebracht werden.

Doch die derzeitige Lage eskaliert durch den Krieg in Afghanistan weiter. Auch wenn die Militärregierung unter General Muscharraf das Massaker von Bahawalpur als terroristischen Akt bezeichnet hat, kann die Armee die Christen nicht vor Anschlägen schützen.

Bahawalpur liegt in der Diözese Multan, wo sich Bischof Andrew Francis seit Jahren für ein friedliches Zusammenleben der Religionen engagiert. Bischof Francis baute Beziehungen auf der Grundlage von Vertrauen und Versöhnung und mit anderen religiösen Führern auf, er initiierte einen interreligiösen Dialogprozess in Gemeinden, wo Muslime und Christen miteinander leben. Schon vor einigen Jahren ware er mit Versöhnungsinitiativen erfolgreich, nachdem Muslime ein christliches Dorf dem Erdboden gleich gemeicht hatten.

Das Massaker von Bahawalpur hat den Bemühungen von Bischof Francis einen schweren Schlag versetzt, auch wenn inzwischen einige islamistische Pakistani wegen des Massakers in Untersuchungshaft genommen wurden.

Noch am 28. Oktober schrieb Bischof Francis auch nach Europa: "Seit dem 11. September 2001 verhandle ich mit den islamischen Geistlichen über Frieden und Versöhnung, aber die Tragödie von heute lässt mich und meine Gemeinde in großem Schock und tiefer Traurigkeit zurück. Bitte, betet für uns!" Otto Friedrich

Kirche in Not/Ostpriesterhilfe

unterstützt Christen in Pakistan. Infos: 1172 Wien, Hernalser Hauptstr. 55/1/8, Tel. 01/405 25 53 www.KircheinNot.at

Kto. 7631087 bei PSK (BLZ 60000) Ein Erlagschein liegt dieser furche bei.

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