"Diese verdammten Waffen aus der Erde holen"

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110 Millionen Minen sind in dieser Erde vergraben. Tausende Menschen, zu einem großen Teil Kinder, fallen ihnen jährlich zum Opfer. Doch es ist möglich, diese Gefahr endgültig zu verbannen.

Mit der Heugabel herumstochernd hat Damjan Stanojevi´c die Minen auf seinen Feldern gesucht; hat er eine gefunden, hat er sie mit den Händen ausgegraben und im leeren Hühnerstall gestapelt. "Der Opa spinnt", sollen offizielle Minenräumer gesagt haben, als sie die Sprengfallen abholten. DusÇonka Stanojevi´c hält sich die Hände vors Gesicht, während ihr Mann mit spitzbübischen Lächeln der Furche von seinen Entminungsaktionen erzählt. Seit Generationen gehört der kleine Bauernhof an der Sava, dem Grenzfluss zwischen Bosnien und Kroatien, der Familie Stanojevi´c. "Ich lasse mir mein Land nicht nehmen", sagt der bosnische Bauer, "von niemanden, auch nicht von den Minen."

Das hat sich auch der bosnische Kriegsflüchtling Sadmir BajriÇc 2002 bei der Rückkehr in sein Heimatdorf Dubocac gedacht: Gemeinsam mit Freunden entfernte er 280 Minen, bevor der Fußballplatz in der 150-Seelen-Gemeinde wieder bespielbar war. Auf mehr als eine Million wird die Zahl der während des Bosnien-Krieges gelegten Minen geschätzt. Bald zehn Jahre nach dem Krieg sind immer noch 2.000 Quadratkilometer des Landes von Minen verseucht. Negative Schätzungen gehen von über sechzig Jahren aus, bis die letzte Mine geräumt ist. Um die Entminung zu beschleunigen, braucht es mehr Geld, fordert die Gründerin der "International Campaign to Ban Landmines" (ICBL), Jody Williams. Und das nicht nur für Bosnien. Weltweit sind 110 Millionen Anti-Personen-Minen verlegt. Zwischen 15.000 und 20.000 Menschen werden jährlich bei Minenexplosionen verletzt oder getötet: bei der Landarbeit, bei der Suche nach Feuerholz, auf dem Weg in die Schule. Ein Drittel der Minen-Opfer sind Kinder.

Der Amerikanerin Williams ist es innerhalb weniger Jahre gelungen mehr als 1.000 Nichtregierungsorganisationen in der ICBL zusammenzubringen. Gemeinsam mit ihrer Organisation wurde Williams 1997 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Kernstück ihres Engagements ist die 1999 in Kraft getretene Ottawa-Konvention: Das Abkommen verbietet Produktion, Handel und Einsatz von Anti-PersonenMinen. Darüber hinaus sind die Vertragsstaaten zur Räumung verminter Gebiete innerhalb von zehn Jahren verpflichtet. Ohne ausreichende Geldmittel bleibt dieses Vorhaben aber, siehe Bosnien-Herzegowina, Illusion. Deswegen bleibt Williams hartnäckig bei ihrer Forderung, dass die Ottawa-Vertragsstaaten ihre nicht nur für Bosnien gekürzten Fördermittel aufstocken müssen.

"Wir haben in kurzer Zeit eine verdammt lange Wegstrecke geschafft. Wir können den Job fertig machen", sagt die Nobelpreisträgerin mit Blick auf die von 28. November bis 3. Dezember stattfindende "Überprüfungskonferenz" des Verbotabkommens in Nairobi. Der Österreicher Wolfgang Petritsch wurde zum Vorsitzenden der Konferenz gewählt. Sein Bestreben ist der Beschluss eines Aktionsplans bis 2009 (siehe Interview), damit Williams Recht behält: "Unser Ziel ist es, diese verdammten, bösen Waffen aus der Erde zu holen und die Welt zu einem besseren Ort zu machen."

Weitere Info: www.icbl.org

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