Wichtiger als Bedauern: Option für Wahrheit und Schutz

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Auch wenn sexueller Missbrauch keineswegs nur ein Problem in der katholischen Kirche ist und pädophile Gewalttäter hingehen, wo Kinder sind - innerhalb und außerhalb der Kirche; auch wenn nicht nur der Zölibat bei sexuell problematisch entwickelten Menschen verheerende Folgen haben kann, wie das häufige Auftreten von Missbrauch in Familien und die Missbrauchserfahrungen ungezählter Frauen mit verheirateten oder offiziell liierten Vorgesetzten und Kollegen zeigen: die Leitung der Kirche muss mit dem Problem entschiedener umgehen als bisher. "Den schlimmsten Ausformungen des unergründlichen Geheimnisses des Bösen nachgeben" würden Kinder missbrauchende Priester. So der Papst vor Ostern. Und die Mitverantwortung der Vorgesetzten? Und das Problem der Krankhaftigkeit und der bisher zu oft praktizierten Naivität, sich auf die persönlichen Vorsätze von Missbrauchstätern und auf dienstliche Versetzungen zu verlassen? Der Vatikan warnte unlängst die US-Diözesen, er werde ihnen in finanziellen Schwierigkeiten wegen hoher Entschädigungszahlungen nicht unter die Arme greifen können. Und die Personalentscheidungen des Vatikans hinsichtlich der Bischöfe, die als Führungskräfte gegenüber Missbrauch untätig bleiben oder auch nur hilflos sind?

Überfällig ist eine klare Option der Kirche für die Aufdeckung von Missbrauch und den Schutz von Menschen, die sich oder ihre Kinder tagtäglich der Kirche anvertrauen. Nachvollziehbar an einem klaren und unverzüglichen Vorgehen im Fall von Missbrauch oder Missbrauchsverdacht. Nicht zuletzt auch zur Entlastung fälschlich Beschuldigter. Nachvollziehbare Maßnahmen hinsichtlich der Auswahl für den Dienst in der Kirche. Die Veranlagung zu sexuellen Übergriffen wird man zu selten rechtzeitig erkennen können. Aber man muss das Einholbare an Informationen einholen und das Beobachtbare beobachten wollen. Dasselbe gilt für die Ausbildungen, für klare Verhaltensregeln und ein Angebot von Hilfe in der Auseinandersetzung mit problematischen Neigungen. Niemand kann für irgendjemanden absolut garantieren. Aber ohne die Ausschöpfung des Möglichen an Vorkehrung schafft auch noch so erschüttertes Bedauern kein Vertrauen.

Der Autor ist Pfarrer von Probstdorf sowie Universitätsseelsorger an den Universitäten für Wirtschaft und für Bodenkultur in Wien. Er leitet in der Erzdiözese Wien auch die "Ombudsstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs durch kirchliche Mitarbeiter".

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