Quantenphysik - © Foto: ÖAW

Anton Zeilinger: "Die Technik ist schon sehr weit fortgeschritten"

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Das Demonstrationsnetzwerk arbeitet mit sechs verschiedenen Systemen der Quantenverschlüsselung. Eines stammt von Professor Anton Zeilinger. DIE FURCHE sprach mit dem heimischen Topforscher.

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Das Demonstrationsnetzwerk arbeitet mit sechs verschiedenen Systemen der Quantenverschlüsselung. Eines stammt von Professor Anton Zeilinger. DIE FURCHE sprach mit dem heimischen Topforscher.

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"Damit hätte ich nie gerechnet", sagt Professor Anton Zeilinger im Interview und wundert sich, dass sich aus reiner Grundlagenforschung überhaupt die neue Quanten-Informationstechnologie entwickelt.

DIE FURCHE: Herr Professor, in den 1990er Jahren haben Sie wichtige Grundlagenexperimente zur Quantenkryptografie gemacht; mittlerweile geht die Technologie in Richtung Anwendung. Überrascht?

Anton Zeilinger: Eigentlich hat es schon früher begonnen: In den 1970er Jahren hat Prof. Helmut Rauch in Wien mit Neutronen experimentiert. Ich war damals sein Schüler. Diese Experimente haben wir aus reiner wissenschaftlicher Neugier gemacht. Die Frage, die uns leitete, war: Ist die Natur wirklich so verrückt, wie die Quantenphysik uns zu sagen scheint.

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DIE FURCHE: Heute weiß man: Sie ist tatsächlich so verrückt und man kann die Gesetze der Quantenphysik sogar nutzen.

Zeilinger: Die ersten Ideen über technische Anwendungen tauchten in den 1990er Jahren auf. Für mich kam das sehr überraschend. Damit hätte ich wirklich nie gerechnet.

DIE FURCHE: Wo sehen Sie konkrete Anwendungen?

Zeilinger: Die Quantenkryptografie ist eine Anwendung. Hier ist die Technik schon sehr weit fortgeschritten. Eine noch einfachere Möglichkeit ist der Einsatz von Quantenzufallszahlengeneratoren. Diese erzeugen zufällige Zahlenreihen, die zum Beispiel die eigenen Daten auf dem Computer so sicher verschlüsseln können, dass kein Hacker der Welt Zutritt bekommen kann. Und dann bin ich der Meinung, dass wir eines Tages einen Quantencomputer haben werden.

DIE FURCHE: Wann wird das sein?

Zeilinger: In 20 Jahren, denke ich, werden wir die ersten Quantencomputer haben. Vielleicht noch nicht im Haushalt. Aber weil Quantencomputer sehr viel schneller sein werden, werden sie wohl die jetzige Informationstechnologie irgendwann vollständig ersetzen.

DIE FURCHE: Und wie ist Ihre Prognose für die Quantenkryptografie?

Zeilinger: Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich Nischenapplikationen. Dort, wo es unbedingt notwendig ist, hohe Datensicherheit zu haben - etwa bei Fragen der nationalen Sicherheit. Denn die Datenraten sind zurzeit vergleichsweise gering. In zehn Jahren sieht das wahrscheinlich viel besser aus.

DIE FURCHE: Die Quantenkryptografie macht Kommunikation grundsätzlich abhörsicher. Wollen wir das überhaupt?

Zeilinger: Das ist immer die Frage. Natürlich gibt es Leute, bei denen wir nicht wollen, dass sie absolut geheim miteinander kommunizieren können. Wie bei jeder Technologie gibt es auch hier negative und positive Seiten.

DIE FURCHE: Das heißt es immer. Aber sind die Technologien mit der Zeit nicht immer mächtiger - und auch gefährlicher geworden?

Zeilinger: Auch das gilt für beide Seiten. Tatsache ist, dass der private Datenschutz durch die Quantenkryptografie größer geworden ist. Für mich ist die eigentliche Herausforderung die: Die einzige mögliche Kontrolle ist eine politische Kontrolle. Und dazu brauchen wir demokratische Systeme, die gut funktionieren.

DIE FURCHE: Wo sehen Sie da die Verantwortung des Wissenschafters?

Zeilinger: Jeder muss selbst entscheiden, wenn es etwa zu militärischen Anwendungen kommt: Will ich mitarbeiten oder nicht.

DIE FURCHE: Würden Sie wollen?

Zeilinger: Schwierige Frage. In einem demokratischen Staat wie Österreich kann man sich keine guten Argumente vorstellen, warum man nicht hilft, diesen Staat militärisch so weit zu haben, dass er sich im Grunde selbst verteidigen kann. Ganz anders sieht die Sache aus, wenn dieses Wissen zu Angriffszwecken benutzt werden sollte. Man muss die Dinge differenziert betrachten. Auf jeden Fall hat aber jeder Wissenschafter die Verantwortung, zu erklären, was er macht und wozu. Denn nur so kann sich die Öffentlichkeit eine fundierte Meinung bilden.

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