"Es wird uns gehen wie dem Zauberlehrling..."

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"Mr. Beam" diskutiert mit einem der zehn "heißesten" Wissenschaftler der Gegenwart: Erstmals trafen in Wien der Quantenphysiker Anton Zeilinger und der Genforscher Josef Penninger zusammen. Mit der Furche sprachen sie über das kritische Verhältnis von Wissenschaft und Religion, die befürchteten "Hiroshimas der Genforschung" und die immense Bedeutung von humanistischer Bildung. Außerdem erfährt man Interessantes über Taxifahrer auf den Flughäfen dieser Welt und den Reiz der Wiener Oper.

Die Furche: In seinem Buch "Von Gott und der Welt - Das Evangelium der Naturwissenschaften" schreibt Peter-Paul Manzel: "Heute können wir aus Naturbeobachtungen und ihrer Interpretation ein vollständiges Modell ableiten, das in seinen moralischen Grundsätzen einer Religion mindestens ebenbürtig ist, also auch unsere transzendentalen Bedürfnisse zu befriedigen weiß." Sind Sie beide die Propheten einer neuen, naturwissenschaftlichen Religion?

Josef Penninger: Sicher nicht. Das Problem ist, dass die Leute zu sehr an die Wissenschaft glauben, dass sie zu einer Religion geworden ist.

Die Furche: Ist sie das?

Penninger: Im besten Sinne schon, da alles, was uns umgibt, wissenschaftlich ist. Und liest man Philosophen wie Ken Wilber ("Wege zum Selbst", "Eros, Kosmos, Logos - Eine Jahrtausend Vision"), ist Wissenschaft ein Teil der Welt, in der wir leben. Wie Kultur, wie Kunst. Ich glaube, Wissenschaft hat eine überdimensionale Form angenommen. Die Menschen glauben, dass das jetzt die neue Religion ist, die alle Probleme lösen kann. Ich bin da eher skeptisch.

Anton Zeilinger: In Europa ist das nicht so, eher im Gegenteil. Die Wissenschaftsskepsis ist teilweise zu stark. "Wie kann man die Wahrheit einer Aussage wie dieser überprüfen?" So etwas sagt sich leicht und klingt gut. Überprüfen lässt sich das nur daran, wie die Menschen reagieren und wie sie agieren. Das Problem ist, dass die offiziellen Religionen momentan in einer Riesenkrise stecken.

Die Furche: Welchen Stellenwert nimmt die Wissenschaft dann Ihrer Meinung nach in Europa ein?

Zeilinger: Gerade in Österreich gibt es einen Unterschied, wie Wissenschaft in den Medien transportiert wird, und wie sie in der Öffentlichkeit aufgenommen wird. Ich habe das Gefühl, in der Öffentlichkeit ist die Einstellung positiver als in den Medien. Da gibt es ein breites Interesse, die Leute wollen wissen, die Menschen sind neugierig.

Die Furche: Das hat bei Ihnen - Stichwort "Teleportation" - einen bestimmten Hintergrund. Die Menschen, die mit "Star Trek" aufgewachsen sind, haben genau darauf gewartet. Zudem wird die Quantenphysik, im Gegensatz zur Genforschung, nicht so kritisch hinterfragt.

Zeilinger: "Star Trek", das war eine Assoziation und ein Mediengag. Da kann man 100.000 Mal sagen, das, was wir machen, ist etwas anderes - das nutzt nichts. Was aber interessant ist, und das gefällt mir, die Menschen wollen wissen, warum wir Physiker, oder zumindest einige Physiker, behaupten, dass die Quantenphysik eine wesentliche Änderung unseres Weltbildes bringen kann und wird. Und die Menschen wollen wissen, wie sich das äußert. Sie finden das spannend und ich finde das positiv.

Die Furche: Herr Penninger, das ist bei Ihnen nicht anders: Die Genforschung verändert unser Weltbild. Und unser Leben - möglicherweise sogar grundlegend.

Penninger: Was in den letzten 15 Jahren passiert ist, ist eine der größten Revolutionen, die wir je erlebt haben. Vergleichbar mit Heisenberg und der Atombombe. Allein die Möglichkeiten: Wir können klonieren. Ich kann einen ganz neuen Organismus erzeugen. Im Labor, in drei, vier Tagen habe ich das. Das ist schon erstaunlich. Und ich verstehe sehr gut, dass die Menschen etwas verschreckt sind.

Die Furche: Zu Recht?

Penninger: Dostojewski sagt: "Jeder Stecken hat zwei Enden." Das eine Ende der Genforschung ist erschreckend. Das andere ist sehr hoffnungsvoll. Dass wir Gene finden, die Krankheiten kontrollieren. Dass es keinen Knochenabbau mehr gibt, in zehn Jahren. In Amerika stehen die Medien der Genforschung sehr, sehr positiv gegenüber. Wenn wir was finden, dann sind das Headline News. Im TV, in den Zeitungen, landesweit. Und das eher unkritisch. Sie glauben, dass positivistische Wissenschaft das Leben verändern kann. Das Problem ist, dass die Religionen auf einer Moral und einer Ethik basieren, die nicht mehr up-to-date ist mit unserer Genforschung.

Die Furche: Wie soll sich, kann sich das ändern?

Penninger: Das glaube ich, will der von Ihnen anfangs zitierte Peter-Paul Manzel mit seinem Buch bezwecken: Dass wir uns überlegen, welche Ethik brauchen wir jetzt? Damit wir mit solchen Sachen wie Klonieren umgehen können. Diese Frage bleibt. Es wird uns gehen wie dem Zauberlehrling. Wir werden Sachen ausprobieren, wo wir uns überhaupt nicht auskennen. Und wir werden ein paar Tragödien erzeugen. Bis wir kapieren, wie wir Gene korrigieren können, wie wir Sachen wie Klonieren korrigieren können. Und dann stellt sich die Frage, was tun wir damit? Da braucht es einen Dialog zwischen den Menschen und der Wissenschaft und Leuten, die in Ethik involviert sind. Das Problem ist, dass die Wissenschaft unserer alltäglichen Moral so weit voraus ist.

Die Furche: Gibt es diesen von Ihnen eingeforderten Dialog?

Penninger: Ein paar Bioethiker haben damit schon begonnen. Aber wir stecken moralisch, ethisch in Religionen, die 2000 Jahre alt sind, die nie vorhergesehen haben, dass wir uns klonieren, dass wir Gene ändern, dass wir neue Spezies erzeugen können. Hält man sich die Geschichte der Wissenschaft vor Augen, stellt man fest, dass die Büchse der Pandora, wenn sie einmal offen ist, nicht mehr geschlossen werden kann. Das ist nicht rückgängig zu machen. Auch wenn wir es uns noch so sehr wünschen würden. Da helfen auch keine Gesetze, das wissen wir alle. Die einzige Möglichkeit gegenzusteuern ist, dass die Leute wissen, worum es geht. Es muss jeder wissen, was das Risiko ist. Warum man das macht und was die Gründe sind, es nicht zu tun. Das ist viel wichtiger als Gesetze. Erstens hat das nie funktioniert, zum zweiten ist es eine emotionelle Sache. Wenn mein Kind stirbt und ich darf nichts dagegen tun, weil jemand ein Gesetz beschlossen hat. Das ist ein Problem.

Zeilinger: Aber ein ungelöstes.

Penninger: Ein vollkommen ungelöstes ...

Zeilinger: Ich habe bei Ihnen jetzt keine Antwort herausgehört, außer jener, dass man die Menschen informieren und mitreden lassen soll. Das ist auch das einzige, was mir dazu einfällt. Ich fürchte nur, dass es zu wenig ist. Da habe ich dieselbe Diskussion wie bei der Todestrafe in den USA. Passiert einem jungen Mädchen etwas, sind alle für die Todesstrafe. Kaum kommt ein Unschuldiger dran, sind alle dagegen. Aber ich weiß auch nichts Gescheiteres. Die Gentechnik wird sicher irgendwann einmal ihr Hiroshima erleben, es wird zu einer Katastrophe kommen. Dann werden alle sofort wieder dagegen sein. Aber das ist ja auch kein gescheiter Steuerungsmechanismus.

Penninger: Minihiroshimas hatten wir schon in den letzten zwei, drei Monaten: Die Kinder, deren Gene in Frankreich korrigiert wurden, die nun alle an Leukämie sterben. Da hat man in allen Staaten sofort aufgehört mit dem Genkorrigieren. Das passiert und wird passieren. Aber was ist die Lösung? Entweder wir diskutieren darüber und entwickeln eine neue Ethik oder wir machen Gesetze, dass das nicht passieren darf.

Die Furche: Für Dialog bedarf es einer gemeinsamen Sprache. Verstehen die Menschen die Wissenschaftler?

Penninger: Gute Wissenschaft versteht jeder. Das Prinzip ist einfach, da gibt es ein Gen, dann gibt es eine Mutation und deswegen eine Erkrankung. Das Problem ist, dass es Wissenschaftler gibt, die nicht den Mut haben, sich hinzustellen und zu reden. Gute Wissenschaft ist wie ein gutes Buch, das versteht jeder. Aber es braucht Leute, die sich hinstellen und sagen, wie es geht.

Zeilinger: In Europa gibt es eine Unkultur. Hier gilt es in der scientific community als unfein, etwas so einfach zu erklären, dass es alle verstehen. Da wird man von Kollegen oft attackiert: "Haha, der Zeilinger, was der wieder gesagt hat." Ich finde es einfach nicht richtig, dass man die Leute einfach abspeist und als Halbdeppen behandelt. Da wird eine eigene salbungsvolle Sprache entwickelt, die nur der Verschleierung der eigenen Unsicherheit dient.

Penninger: Deswegen bauen wir im IMBA Plätze für die Sieben-, Achtjährigen, wo die reinkommen können und wir ihnen Genetik erklären. Die verstehen das alles. Die Welt ist ja nichts Exklusives. In den acht Jahren, die ich das Gymnasium besucht habe, wurde in Biologie die Genetik nur in einer einzigen Stunde behandelt. Das ist Wahnsinn. Das muss einfach jeder können, das muss jeder wissen, das muss Teil der Kultur sein. Das IMP (Institut für Molekulare Pathologie) in Wien ist ein Weltklasseinstitut. Aber wenn ich in Wien am Flughafen ankomme und zum Taxifahrer sage, ich will zum IMP, dann weiß der nicht, wo das liegt. In Boston weiß jeder, wo das MIT, wo Harvard liegt. In Wien weiß jeder, wo die Oper ist. Das ist Teil der Kultur, das muss Teil der Kultur sein. Man kann das kritisch betrachten, man kann es mögen. Wie auch immer, aber da muss man etwas tun.

Zeilinger: Wobei ich glaube, dass wir beide nichts gegen die Oper haben.

Penninger: Ganz im Gegenteil, ich mag die Oper.

Zeilinger: Es sollte aber nicht das ausschließliche Bild von Kultur sein.

Penninger: Exakt: Es gibt die Oper, es gibt das Theater und es gibt die Wissenschaft.

Die Furche: Das klingt, als bräuchte es einen neuen Bildungskanon. Hierzulande fordern gerade Industrie und Wirtschaft praxisbezogenes Lernen und wettern gegen Latein, Griechisch oder musische Fächer. Ein Punkt, den Sie, Herr Zeilinger, heftig kritisieren.

Zeilinger: Unterrichtsministerin Gehrer hat mich einmal gefragt, was meiner Meinung nach die wichtigste Maßnahme für die Schulen wäre. Ich habe gesagt, ich würde das Humanistische Gymnasium wieder einführen, wo es zu den humanistischen Fächern keine Alternative gibt, und wo gleichzeitig eine gute naturwissenschaftliche Ausbildung stattfindet. Sie meinte, da würde niemand hingehen. Ich bin überzeugt, das wäre überfüllt. Aber generell: Wenn wir heute die Leute so ausbilden, wie es einige Industrielle jetzt wollen, dann bilden wir sie für Gestern und nicht für Morgen aus. Das ist so.

Die Furche: Und Ihre alternative Unterrichtsmethode?

Zeilinger: Die Entwicklung geht so schnell voran. Man kann nicht nach Inhalten, man kann nur nach Methoden ausbilden, nach Vorgangsweisen, Denkweisen. Natürlich brauche ich dann, wenn ich konkret Biochemiker oder was auch immer werden will, eine technische Ausbildung. Aber vorher brauche ich die richtige Denkweise. Sonst schaffe ich es nicht.

Penninger: Dem stimme ich voll und ganz zu. Besonders heute. Wir haben diese riesige Information, die tausenden Arbeiten, die jeden Tag herauskommen, Millionen verschiedener Sequenzinformationen, das kann sich kein Mensch merken. Es geht darum, dass man Menschen ausbildet, die daraus Sinn gewinnen. Die Informationen nehmen von da und von dort und was Vernüftiges daraus machen. Dazu eignen sich Sachen wie Logik, Griechisch, Latein phantastisch. In der einen Stunde lerne ich Griechisch in der nächsten über den Gencode. Das ist genauso Teil unserer Kultur. Das schließt sich nicht aus.

Zeilinger: Es geht mir darüberhinaus auch um Tieferes. Ich sehe es auch in Zusammenhang mit den Fragen der Ethik und Moral, die wir eingangs diskutiert haben. Ich selber habe Griechisch gelernt. Für mich war es ein persönlicher Schock, die Verteidigungsrede des Sokrates zu lesen. Oder die Antigone. Und zu sehen, dass die menschlichen, ethischen Probleme vor 2000 Jahren dieselben waren wie heute. Das gibt einen ganz anderen Blick, da sieht man dann breiter und ist irgendwie freier, man ist weniger von den momentanen, den zeitgeistigen Strömungen abhängig.

Penninger: Das ist für mich das Schöne an Europa und meiner Rückkehr: Das man sich zusammensetzt und derartige Fragen diskutiert. Das gibt es in Amerika nicht. Dort heißt es "Let's work". Wichtig sind die Finger zum Pipettieren, das Denken stellt man hintan. Und sie sind sehr erfolgreich damit. In Europa wird manchmal zu lange gedacht. Aber es muß mehr geben als "Science needs to be pushed forward".

Zeilinger: Das sehe ich genauso. Die Physik war bis zu Hitler eine europäische, eine deutsche Wissenschaft. Und sie war eine Wissenschaft der Denker, "Science of Thinkers", sagt man. Von Heisenberg, Schrödinger und Einstein - um nur drei zu nennen - ist es bekannt, dass sie sich intensiv mit philosophischen Fragen auseinandergesetzt haben. Durch den Zweiten Weltkrieg, durch die Verlagerung des Schwergewichts in die USA, durch den Erfolg des "Manhattan Projects" wurde es viel wichtiger, etwas zu - provokant ausgedrückt - "basteln". Man braucht aber beide Seiten.

Die Furche: Sie kennen beide die europäische und die amerikanische Welt. Ändert sich die europäische jetzt, wird sie schneller?

Penninger: In der Genetik vermischt sich was. Viele Leute wurden in den USA ausgebildet, die kommen nun nach vier, fünf Jahren wieder. Die haben die amerikanische Kultur aufgesogen. Ich sehe es an mir selber. Ich bereue es keinen Tag in Nordamerika gewesen zu sein. Wir bemühen uns hier nun gute Leute einzustellen, egal woher sie kommen. Leute, die gut arbeiten, gut publizieren, eine gute Kultur haben. Und zur guten Kultur in der Wissenschaft gehört, dass man nicht nur darüber spricht sondern es auch tut. Jeder kann sich den Stephansdom ausdenken, aber es braucht Menschen die ihn bauen. Das gilt auch für die Wissenschaft.

Die Furche: Was braucht es zu "guter Kultur" in der Wissenschaft?

Penninger: Für eine gute Kultur braucht es fünf, zehn Leute in der Stadt, die wirklich gut sind, die das in ihren Knochen haben. Dann werden alle anderen besser. Davon bin ich überzeugt. Das beste Beispiel für mich ist Weimar. Da ging Goethe hin, dann Schiller, und auf einmal schreibt die ganze Stadt - und nicht schlecht. Das ist es, was sich in Österreich geändert hat. Als ich wegging, äußerte sich der Neid auf Erfolgreiche darin, dass man sagte, das darf nicht sein, und man hat sie hinuntergezogen. Der Neid kann aber genauso beschleunigen, kann Ansporn sein. Wir brauchen ihn, um uns raufzuhanteln.

Zeilinger: Da gibt es eine Verbesserung in Österreich. Eindeutig. Gerade in der scientific community gibt es mehr und mehr Leute, die stolz darauf sind, wenn ein anderer was zusammenbringt, und sie versuchen das zu unterstützen. Das wird immer stärker. Ich stimme auch der These mit den wenigen, aber guten Leuten zu. Ich habe ein bekanntes Ziel: Ich möchte, dass wir in Österreich eine Flaggschiffinstitution schaffen, wie das Weizmaninstitut in Israel. Eine Institution, die als Post-Graduierten-Universität funktioniert, für die allerbesten, mit einigen wenigen Professuren.

Die Furche: Was braucht es, um diese Idee zu verwirklichen?

Zeilinger: Am Anfang braucht man ein Komittee, das darauf schaut, dass nur Spitzenleute kommen und nicht welche, die wen kennen. Und sie muss unter dem Leistungsdruck stehen, die besten Resultate vorzuweisen. Das wäre langfristig auch im Sinne der Wirtschaft. Es gibt keinen Grund, warum wir das in Österreich nicht schaffen sollten.

Penninger: Das ist genau das Modell unseres Instituts. Ohne Abstriche. Wir holen die besten Leute. Das Institut ist vollkommen wettbewerbsorientiert, es gibt jedes Jahr eine Evaluierung durch ein internationales besetztes Advisory Board. Und für die jungen Wissenschaftler gibt es Verträge nur über acht Jahre, dann müssen sie wieder weg. Jeder hat dieselbe Infrastruktur und kann sie gratis nutzen. Aber das ist nur Biologie, man bräuchte sowas auch für die Physik.

Zeilinger: Für alle Disziplinen. Und die Leute sollen dann entscheiden wie es weiter geht. Nach den Kriterien, wo sind die allerbesten Leute, was sind die hot topics.

Penninger: Geht es Ihnen darum, Institute aufzubauen, oder sie mit Persönlichkeiten zu versorgen? Die Leute identifizieren sich doch mit den Gesichtern der Scientific Superstars?

Zeilinger: Mir geht es um eine Institution, die den Klang des MIT, der ETH Zürich oder Harvards hat. Ich glaube, das trägt zur Identifikation bei.

Penninger: Das gibt es ja schon in Wien. Euer Institut hier, das kennt fast jeder in den USA und ebenso das IMP, unser Schwesterinstitut. Wenn mich die Leute fragen, was ich in Wien will, sage ich, dass dort die berühmten Physiker sind. Dann sagen die "Ach ja!".

Zeilinger: Wirklich? Spaßig.

Penninger: Und ich finde, die Leute müssen einander treffen, die ganze Universitätskultur muss sich vernetzen.

Zeilinger: An ein Netzwerk derartiger Menschen müssten wir wirklich denken, da bin ich sofort dabei. Da muss etwas geschehen.

Penninger: Aber ein Netzwerk von Leuten, die wirklich was bewirken können.

Die Furche: Also Stars?

Penninger: Sicher. Das ist wie mit dem Skifahren. Die Österreicher identifizieren sich mit ihren erfolgreichen Skifahrern, davon sollten wir lernen. Die Wissenschaft muss weg von dieser Grauen-Maus-Basis. Wenn einer einen Artikel in der Zeitschrift Nature publiziert, dann gehört das auf die Titelseite der Kronen Zeitung.

Zeilinger: Die Krone Bunt hat einmal zwei Seiten über mich gemacht. Prompt bin ich daraufhin von Kollegen aus der Wissenschaft deswegen angeschossen worden. Aber was mich gefreut hat, war, dass mein Friseur das nächste Mal gesagt hat: "Jetzt weiß ich endlich was Sie machen."

Penninger: Genau darum geht es. Es gehören viel mehr Leute in die Kronen Zeitung. Es geht eben darum, dass der Friseur sagt, jetzt wissen wir, was die tun. Und der hat einen Sohn, der das dann auch tun will. Und der es dann auch tut. Und genau darum geht es.

Das Gespräch moderierte Franziskus Kerssenbrock.

Josef Penninger, geboren 1964 in Gurten/Innkreis, leitet das von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gegründete Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) in Wien. Penninger, bisher Associate Professor am Institut für Immunologie und Medizinische Biophysik in Toronto und Principal Investigator für "Amgen", lokalisierte das Osteoporose-Gen und - gemeinsam mit Guido Kroemer - jenes Gen, das für den Zelltod verantwortlich ist. Penninger wurde vom Magazin Science dreimal unter die zehn "heißesten" Wissenschaftler der Gegenwart gereiht.

Anton Zeilinger, geboren 1945 in Ried/Innkreis, ist Professor am Wiener Institut für Experimentalphysik. Zeilinger gilt als einer der renommiertesten Physiker der Gegenwart und war schon des öfteren Anwärter für den Nobelpreis. Einer breiten Öffentlichkeit wurde "Mr. Beam" durch seine erfolgreichen Teleportationsexperimente mit Lichtteilchen bekannt. Zeilinger lehrte und forschte unter anderem am MIT, am Collége de France sowie an der Universität Innsbruck. Am 20. März erscheint sein neues Buch "Einsteins Schleier - Die neue Welt der Quantenphysik" bei C.H. Beck.

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