Des Zufalls größter Lobbyist

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Dieser Mann hat sein Leben dem Zufall vermacht - jenem Phänomen, das einen Würfel je nach Laune landen lässt; jener Kraft, die dafür sorgt, dass zwei wundersam verschränkte Lichtteilchen (Photonen) zeitgleich jenen Zustand einnehmen, der ihnen gefällt.

Anton Zeilinger liebt diesen Zufall. Nur überlassen will er ihm nichts - am allerwenigsten sein 60. Geburtstagsfest: Oder könnte es blanker Zufall sein, dass just am 20. Mai die hochkarätig besetzte Konferenz "Quantum Physics of Nature" in Wien über die Bühne geht? Eher als der Zufall hat hier wohl Zeilingers pr-Stab die Hände im Spiel. Und so gibt es rund um das Hochfest des weltbekannten "Mister Beam", dessen Experimente mit Raumschiff Enterprise kaum etwas zu tun haben, Zeilinger-Festspiele am laufenden Band. "Spukhafte Fernwirkung - Die Schönheit der Quantenphysik" lautet der Titel seiner brandneuen Doppel-cd. Und schon im Herbst naht das nächste Buch aus Zeilingers Wunder-Manufaktur: "Einsteins Spuk - Teleportation und weitere Mysterien der Quantenphysik", das wie "Einsteins Schleier" zweifellos ein Bestseller wird.

Zeilingers Gespür für Inszenierung hat ihn in Österreich zum Popstar gemacht. Ein nobelpreisverdächtiger Forscher war der in Ried im Innkreis geborene Bartträger freilich schon zuvor. Nach dem Physik- und Mathematik-Studium an der Universität Wien sowie der Dissertation bei Helmut Rauch (siehe nächste Furche) kam er 1977 ans weltbekannte Massachusetts Institute of Technology (mit), wo er 1981 bis 1983 Professor wurde. Nach zahlreichen anderen Forschungs-Stationen kehrte er 1990 nach Österreich zurück und wurde Ordinarius für Experimentalphysik in Innsbruck. Hier sollte der "Wissenschafter des Jahres" 1996 jene Teleportationsexperimente anleiten, die ihm 1997 Weltruhm bescherten.

1999 wurde Zeilinger schließlich an die Universität Wien berufen, wo er 2003 mit dem Aufbau einer Dependance des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften begann. Seither verlautbart sein pr-Stab wissenschaftliche Durchbrüche und Auszeichnungen im Monatstakt - darunter die Aufnahme in den Orden "Pour le Mérite". Auf einen Anruf vom Stockholmer Nobelpreis-Komitee wartet er noch.

So viel Ehre Zeilinger auch zuteil wird: Mit seiner Idee, in Wien eine "University of Excellence" zu etablieren, hat er sich in der Kollegenschaft wenig Freunde gemacht. Dafür ist ihm die Politik gewogen: Aus der am 1. Mai versprochenen Forschungsoffensive sind für sein "Austrian Institute of Science and Technology" vorerst einmal zwölf Millionen Euro reserviert. Ob Zeilingers elitärer Traum dann auch umgesetzt wird, hängt von Expertisen, Wohlwollen und Lobbying ab. Vom Zufall sicher nicht. DH

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