Von China bis Ostfriesland

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Tee ist mehr als nur das - nach Wasser - meist konsumierte Getränk der Welt. Angeblich vor mehr als 5000 Jahren entdeckt, wurde er spätestens Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor. Um ihn möglichst schnell zu transportieren, wurde sogar ein eigener Schiffstyp, der Klipper, entwickelt. Auch im modernen Teehandel zählt Schnelligkeit: Vom Verkosten bis zur Kaufentscheidung eines Importeurs darf im Rennen um den besten Tee nicht viel Zeit vergehen. Zeitdruck, den die japanische Teezeremonie nicht kennt. redaktion: claudia feiertag Wie der Tee die Welt eroberte.

Kein Getränk außer Wasser wird so häufig genossen wie Tee - acht Milliarden Tassen sollen es angeblich weltweit jedes Jahr sein. Wo und wann genau aber erstmals Tee getrunken wurde, ist nicht belegt. Entsprechend ranken sich sowohl in China als auch in Indien Legenden um die Entstehung des Aufgussgetränkes. In China erzählt man sich, vor mehr als 5000 Jahren habe der Wind ein paar Blätter in das kochende Wasser von Kaiser Shen Nung geweht. Angelockt vom herrlichen Duft und der goldgelben Farbe, die das Wasser bald annahm, kostete Shen Nung von dem Getränk und fühlte sich gestärkt und erfrischt.

Die indische Legende ist weit grausamer: Königssohn Bodhidharma sei über seiner Meditation eingeschlafen, heißt es, was ihn so sehr verärgert habe, dass er sich die Augenlider abschnitt. Die Lider fielen zu Boden, die Wimpern bildeten Wurzeln, und über Nacht wuchs und erblühte ein Teestrauch, von dessen Blüten Bodhidharma kostete, und sie erfrischten und stärkten ihn.

Erst Japan, dann Europa

Wie auch immer der Tee als Getränk entdeckt worden sein mag, gesichert ist, dass buddhistische Mönche um 550 nach Christus den Tee von China nach Japan brachten. Um 900 nach Christus kam die erste Kunde vom Tee durch arabische Seidenhändler, die von einer Steuer auf eine Pflanze berichteten, aus der man ein anregendes Getränk braue. Auch Marco Polo erwähnte 1285 in einem Reisebericht diese Teesteuer. Aber erst Mitte des 16. Jahrhunderts beschrieb der Italiener Giovanni Battista Ramusio erstmals in Europa Anbau, Zubereitung und Wirkung. Und durch christliche Missionare und Seeleute kam der erste grüne Tee aus China nach Europa.

Wirklich bekannt wurde das Getränk aber erst, als es die holländische Ostindien-Kompanie 1610 erstmals nach Europa einführte. Ein paar Jahre später etablierten sich auch Karawanen auf dem Landweg, die von China aus den Tee nach Sibirien und bis an die Wolga brachten.

In Europa wurde vor allem die Engländer zu einer Nation der Teetrinker, die diese Tradition auch in ihren Kolonien einführten. Historische Bedeutung erlangt Tee dabei vor allem durch die Boston Tea Party am 16. Dezember 1773, die schließlich zum amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gegen die britische Kolonialmacht führen sollte: Diese hatte zahlreiche Waren, darunter Tee, mit massiven Steuern belegt und der britischen East India Company das alleinige Recht auf die Einfuhr von Tee nach Amerika gewährt. Aus Protest enterten als Indianer verkleidete Amerikaner im Hafen von Boston drei Teeschiffe der Company und warfen die 342 Teekisten über Bord. Der erste Vize- und zweite Präsident der usa, John Adams, vermerkte damals in seinem Tagebuch: "Die Vernichtung des Tees ist eine so kühne, entschlossene, furchtlose und kompromisslose Tat, und sie wird notwendigerweise so wichtige und dauerhafte Konsequenzen haben, dass ich sie als Epoche machendes Ereignis betrachten muss."

Um das de facto bestehende Monopol des Teeproduzenten China zu brechen, begannen die Briten Mitte des 19. Jahrhunderts nach anderen Anbaugebieten zu suchen - erste Plantagen in Indien und auf Ceylon entstanden.

Tee-Wirtschaft

Heute produzieren rund 30 Ländern in Asien, Afrika und Südamerika Tee. Vor allem Indien, China, Sri Lanka und Kenia sind bedeutende Erzeugerländer, wobei vor allem die asiatischen Länder den größeren Teil ihrer Produktion für den eigenen Gebrauch benötigen. Dem entsprechend stellte Indien im Jahr 2003 rund 857.000 Tonnen Tee her, exportierte jedoch nur 165.000 Tonnen. Sri Lanka dagegen produzierte 303.000 Tonnen, verkaufte aber mehr als 290.000 Tonnen außer Landes. Insgesamt wurden im Jahr 2003 mehr als drei Millionen Tonnen Tee erzeugt, aber 55,5 Prozent davon blieben in den Erzeugerländern. Mehr als 14 Prozent der weltweiten Teeernte gehen in die Russische Föderation. Dahinter liegt mit 12 Prozent Großbritannien. Beim Pro-Kopf-Verbrauch dagegen liegt Irland vorn: Jeder Ire gießt sich jährlich durchschnittlich 2,96 Kilogramm Tee auf, jeder Brite 2,51 Kilo. Gäbe es eine offizielle Statistik, die Regionen berücksichtigte, lägen aber die Ostfriesen vorn: Sie verbrauchen 3,5 Kilo Tee.

Und die als Kaffeetrinker bekannten Österreicher? Sie tragen zu den acht Milliarden jährlich weltweit verzehrten Portionen Tee nicht viel bei: Bescheidene 120 Gramm Grün- und Schwarztee landen jedes Jahr in den Tassen des Durchschnittsbürgers.

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