Bisher erwies sich der „Fall Doktor Nenning” für die interessierte Öffentlichkeit in erster Linie als interne Angelegenheit der SPÖ, in der über den „Progressisten” Nenning, zur Genugtuung gewisser Kreise, be- bekanntlich nicht gerade überall eitel Freude herrscht. Doch das Bekenntnis „Katholik sein in der SPÖ” in der „Furche” läßt es als sicher erwarten, daß das „Ärgernis Nenning” nicht allein auf „links” beschränkt bleibt und die Schadenfreude nicht zur reinen Freude der „Gegenseite” wird. Dafür sorgen schon die diversen Ideologiewächter, die partout
In den „Bamberger Thesen“, die „Die Furche“ (Nr. 29/1965) zur Diskussion stellt, erhebt Bundesminister s. D. Dr. Heinrich Drimmel seine „Stimme von rechts her“, die „fraktionelle Stimme eines katholischen Politikers“ — wie er schreitot.Klarerweise sucht er als „katholischer Politiker“ vor allem das Ohr des katholischen Wählers zu erreichen, um diesen von seinen „Bamberger Thesen“ zu überzeugen, denn „Bamberger Thesen“ sind im gegenständlichen Fall eben genausogut Wiener, Grazer oder Linzer Thesen, wenn auch vielleicht mit etwas anders gesetzten Akzenten. So
Dieses Beispiel mag für viele andere derselben Art stehen: Eine Mutter äußert sich vor einem großen öffentlichen Forum sehr skeptisch über die Erziehung der Jugend für die Werte und Ideale der Demokratie an unseren Schulen. „Auf die Schule kann man wenig Hoffnung setzen! Daher muß jede Mutter ihre Kinder selbst so erziehen, daß sie dereinst als Erwachsene nicht den Schalmeien irgendeines politischen Rattenfängers erliegen!“Vorwürfe solcher Art werden in der Öffentlichkeit nicht selten laut, und man ist geneigt, Pauschalurteile über die „Verantwortlichen“ zu fällen.
„Es ging mir gut, und immer war in mir, wie ein warmes lebendiges Tier, dieser Geschmack von Langeweile, von Einsamkeit und manchmal von Überschwang.“ Dies läßt Francoise Sagan eine ihrer Romanheldinnen sagen. Umreißt diese Aussage über einen individuellen Seelenzustand nicht konturen-haft das Lebensgefühl jener Jiingejn Generation schlechthin, die steif' hineingeworfen wähnt in Welt und Zeit, die die Frage nach dem Sinn des Lebens aufwirft, nach Antwort ringt, doch diese nicht zu geben vermag?Es ist eine Jugend mit ihren eigenen Idealen und Idolen. Sie revoltiert — mehr innerlich
„Der Feind, den wir am meisten hassen, das ist der Unverstand der Massen I“ So hieß einer der Leitsprüche der Arbeiterbildungsvereine in den letzten Dezennien des 19. Jahrhunderts, jener Vereinigungen, aus denen sich später die politisch organisierte Arbeiterbewegung entfaltete. Die Führer des Proletariats hatten die Wichtigkeit der Tatsache erkannt: die Arbeiterklasse bedurfte dringend einer mit wachem Intellekt erfüllten Schicht, die sich bildungsmäßig von der breiten Masse ihrer Anhängerschaft abhob, ohne dabei die Bindungen zur angestammten --Klarte1'1!«!-verleugnen.
Als unlängst die österreichischen Fernseher Mr. David Brinkleys Wienbetrachtungen präsentiert bekamen, waren die Meinungen darüber so ziemlich einhellig: Karikatur und kabarettistische Persiflage in unseriöser Verpackung von sachlich sein sollender Reportage, die Mr. und Mrs. Jedermann jenseits des großen Wassers Halb- und Viertelwahrheiten über Österreich bescherte.An dieser Stelle soll über das etwas mißglückte Dokumentarwerk an sich kein weiteres Wort mehr verloren werden. Denn das Interesse hat sich schon längst wieder anderen, aktuelleren Themen zugewendet. Einiger Überlegung
„Ich möchte bei Ihnen Bücher um 1000 Schilling bestellen. Können Sie die Bücher möglichst rasch liefern? Wir sind nämlich eben dabei, unser neues Gästezimmer einzurichten.” — „Welche Bücher sollen es sein, gnädige Frau?” — „Ach, Sie als Buchhändler wissen das besser als ich. Ich verlasse mich da ganz auf Sie. Wenn möglich, vielleicht dunkelblaue Einbände …”„Maria, ich bitte dich, ich habe heute wieder mit Dr. X ein Rendezvous. Hilf mir! Erzähle mir, bitte, rasch den Inhalt von ein paar Büchern, die du gelesen hast. Ich habe noch nie ein Buch zu Ende gelesen.
Nicht oft genug kann die Stimme gegen das allgemein vorherrschende Desinteresse am politischen Zeitgeschehen, das Nichtvorhandensein eines Minimums an vaterländischem Bewußtsein in weiten Kreisen erhoben werden. Die daraus resultierende Leere bei einem nicht geringen Teil der jüngeren Generation in staatsbürgerlicher Hinsicht, die Standpunktlosigkeit zu Fragen der Zeitgeschichte sind als Alarmzeichen für unsere Demokratie zu werten. Doch die Rufer und Warner sind immer noch dünn gesät; vielfach stehen sie einer Mauer des Schweigens und Desinteresses gegenüber. Auch für einen sehr
In österreichischen Schulbüchern findet man die von den Vereinten Nationen in einer besonderen Resolution angenommene „Erklärung der Menschenrechte“ neben Auszügen aus dem „Österreichischen Staatsgrundgesetz“ abgedruckt. Der junge Österreicher wird damit vertraut gemacht, er habe als künftiger Staatsbürger das Recht auf „Gedanken-, Gewissensund Religionsfreiheit“, das „Recht der freien Meinungsäußerung“, er dürfe nicht gezwungen werden, „einer Vereinigung anzugehören“, und er erfährt, daß „jeder Mensch unter gleichen Bedingungen das Recht auf Zulassung zu
Unmittelbar ausgelöst durch die sattsam bekannten Hakenkreuzaktionen, wurde in der Öffentlichkeit damals die Forderung nach eingehender Behandlung der Zeitgeschichte der jüngsten Vergangenheit im Schulunterricht mit besonderem Nachdruck erhoben. In diesem Zusammenhang erregte auch die Erklärung eines bekannten Wiener Schulmannes einiges Aufsehen, der sich vor einem größeren Forum dahingehend äußerte, daß „solche Unterrichtsstunden nicht ungefährlich seien“, da jeder Lehrer seine „eigene Meinung“ über besagte Vergangenheit habe, eine Feststellung, die in der Öffentlichkeit