Asien und Afrika zu Gast in Tirol

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Im Haus der Völker in Schwaz treffen Buddha und Voodoo auf Exponate aus Ozeanien. Eine aktuelle Ausstellung beschäftigt sich darüber hinaus mit moderner Kunst aus Ghana.

Die internationale Ethnologen-Elite ist seit mehr als zehn Jahren begeistert von Gert Ghesis Sammlung im Haus der Völker in Schwaz. In Tirol selbst hingegen wird der Afrika-Kenner, der in den letzten fünfzig Jahren weit mehr als tausend wunderbare Exponate vorwiegend aus Afrika und Asien gesammelt und sie als Bestand in das Museum eingebracht hat, noch immer wie ein Exot behandelt.

1995 beschloss Ghesi, seine Schätze in einem Museum zu präsentieren und gründete das "Haus der Völker" im ehemaligen Kloster St. Martin in Schwaz, um zukünftig sein Publikum in ein faszinierendes Reich zu entführen. Ihm war es immer wichtig, "die Lebensweisen und Kulturen fremder Ethnien zu dokumentieren und Brücken zu schlagen zwischen Gestern und Heute, zwischen den Kulturen und Menschen dieser Welt". Die wichtigsten Bereiche sind für Ghesi die Kunst des Buddhismus aus Südostasien und Afrika. Bei Asien spannte sich bisher der Bogen von der Periode von Pagan (12./13. Jahrhundert) über Ava und Shan bis zu Mandalay im 19. Jahrhundert, buddhistische Kunst aus Burma findet sich neben Exponaten aus Kambodscha und Thailand. Was Afrika betrifft, hat sich Ghesi auf Fetische der Schamanen, Ahnenfiguren, die Thematisierung der verschiedenen Kulte, Voodoofiguren und afrikanische Ritualgewänder spezialisiert.

Ethnologische Authentizität

Die umfassende eigene Sammlung - die sowohl in Hinblick auf ihre künstlerische Qualität als auch, was die ethnologische Authentizität betrifft, als gesichert gilt - hat Ghesi um einige Leihgaben erweitert und bespielt nun seit 13 Jahren das tausend Quadratmeter umfassende Haus. Dorothee Gruner vom Frobenius-Institut in Frankfurt hält die Exponate sogar für überdurchschnittlich und ihren "handwerklichen und künstlerischen Wert für eine rezente Sammlung sogar für ungewöhnlich". Dieser Status hat es immer wieder möglich gemacht, im Rahmen der regelmäßigen Sonderschauen ganz exquisite Leihgaben zu erhalten. 2500 Jahre Hochkultur der Nok ist so ein Beispiel, ebenso wie jene Medizinpuppe aus Japan, die im Völkerkundemuseum in Hamburg aufgetaucht ist, restauriert wurde und außerhalb Japans nur in Schwaz ausgestellt war; oder die frühislamischen Bleiexponate, die im vergangenen Frühling zu sehen waren.

Eine neue Facette

Jüngster Coup in diesem Zusammenhang - und zugleich phänomenale Erweiterung der Exponate - ist die Verwaltung der Stiftung Lindner (Stiftung für außereuropäische Kunst - Wege zur Achtung und Toleranz fremder Kulturen). "Dieser Teil der Sammlung Lindner (Collection Andreas und Kathrin Lindner - Arts of Africa, Oceania and the Americas) ist uns in den Schoß gefallen, ich war hingerissen von der Qualität der Objekte und von der Tatsache, dass wir nun eine neue Facette im Programm haben", meint Ghesi und ist überzeugt, damit ein zusätzliches As im Ärmel zu haben.

"Das bringt eine ganz neue Sammlungsebene" - Ozeanien, mit erstklassigen Provenienzen und hohen Qualitäten hat nun auch im "Haus der Völker" Einzug gehalten. Im "grünen Salon", der eigens kreiert wurde, kann man nun etwa einen 144 Zentimeter hohen Tanzaufsatz aus Papua-Neuguinea ebenso bewundern wie jene Figur aus der Sammlung John Friede, New York, die das offizielle Stück für Papua-Neuguinea in der Ausstellung "Kunst der Völker" 1972 anlässlich der Olympischen Spiele in München war. Ghesi selbst ist begeistert von einer sitzenden männlichen Figur, die mittels Radiokarbonmethode ins 18. Jahrhundert datiert wurde und von den Philippinen stammt.

Nachdem Ghesi seit einiger Zeit seinen Drittwohnsitz in Bangkok hat und seinen eigenen Sammlungsschwerpunkt inzwischen von Afrika nach Asien verlegt hat - "Afrika läuft zwar weiter, aber gute Sachen sind inzwischen fast unbezahlbar" - dürfen Besucher wohl in näherer Zukunft mit neuen Facetten im "Haus der Völker" rechnen.

Nach der eigenen Zeitschrift A4, einem hervorragend gemachten Magazin für außereuropäische Kunst und Kultur, das zweimal im Jahr erscheint, gibt es seit vergangenem Jahr bereits die zweite Sonderschau, die sich moderner Kunst widmet. Aktuell ist Ghana mit großformatigen Arbeiten von Godfried Donkor, Kofi Setordji und Rikki Wemega-Kwawu vertreten. Drei arrivierte Maler und Bildhauer zeigen in ihren sehr unterschiedlichen Arbeiten die Verknüpfung der afrikanischen Traditionen mit den Einflüssen der internationalen Gegenwart. Der Geist Afrikas reicht dabei von buntem Plastik-Patchwork aus Telefon- und Metrokarten über Collagen, die fast an Al Hansen erinnern, bis hin zu makabren Installationen mit tönernen Händen, die von der leidvollen und oft zerstörerischen Geschichte dieses Kontinents erzählen.

Zeitgenössische Kunst aus Ghana

Sonderausstellung im Haus der Völker in Zusammenarbeit mit ARTCO Galerie, Herzogenrath

bis 18. Jänner 2009

www.hausdervoelker.com

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