Jenseits von Jade und Terrakotten

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Das Haus der Völker in Schwaz/Tirol lässt chinesische Kultur in ganz neuem Licht sehen. Die aktuelle Schau „Das Erbe Chinas“ zeigt exklusive Holzskulpturen, Steinobjekte, Textilien, wie man sie von den einschlägigen großen Ausstellungen nicht kennt.

Von seinen jüngsten Reisen nach Asien hat Gert Chesi, Gründer des Hauses der Völker, eine Reihe atemberaubender Schätze mitgebracht, die ein ganz neues Licht auf die chinesische Kultur werfen, ein Streiflicht fernab jener Exponate, wie sie bei den großen China-Ausstellungen der vergangenen Jahre überall zu sehen waren. China gehört zu den ältesten Zivilisationen und Hochkulturen der Menschheit – als Hauptrepräsentanten dieser Kultur haben sich in der Geschichte Chinas die Han-Chinesen etabliert; die Han-Dynastie bestand von 206 v. Chr. bis 220 n. Chr. Schriftliche Aufzeichnungen über die chinesische Kultur reichen über 3500 Jahre zurück, in der Mythologie spricht man von drei Urkaisern, denen der Gelbe Kaiser Huang Di als eigentlicher Schöpfer der Kultur folgte, allerdings gibt es keinerlei historische Belege für die überlieferte Existenz vor 5000 bis 6000 Jahren.

Chesi präsentiert im Haus der Völker Exponate, die nichts mit dem Mainstream zu tun haben, wo Han- und Tang-Terrakotten und Jadeobjekte dominieren: Hier sind es Holzskulpturen und Steinobjekte, die vielfach außerhalb Chinas, in Vietnam oder bei den Bergvölkern Burmas gefunden wurden und nun, bedingt durch die allgemeine Wirtschaftskrise, auf den Markt gekommen sind.

Zentrale Skulptur: eine hölzerne Guanyin

Die Grabfunde von Ban Chiang, im Norden Thailands etwa, sind Zeugnis für die weit ausufernden Wanderungen chinesischer Völker und die Verbreitung ihrer materiellen Schätze. Die Bronzeobjekte werden zwischen 1800 und 1400 v. Chr. datiert und gehören zu den ältesten Bronzen der Menschheitsgeschichte.

Interessant auch die zentrale Skulptur der Ausstellung, eine hölzerne Guanyin – sie gilt als die bedeutendste Gottheit im südostasiatischen Raum – der Song-Periode (10.–12. Jahrhundert, China). Die wenigen erhaltenen Exemplare, die ja nahezu 1000 Jahre alt sind, zeigen nur noch selten die originale Bemalung; sehr oft wird die Guanyin auch androgyn dargestellt, erst ab dem 12. Jahrhundert hat es sich eingebürgert die Gottheit zumeist als Frau darzustellen.

Von Pakistan nach China: der Gandhara-Stil

Einen schönen Kontrast zu den Holzexponaten bildet ein sitzender Buddha aus der Ghandhara-Zeit (4. Jh.) aus grünem Schiefer. Der Gandhara-Stil hat sich ursprünglich von Pakistan aus nach China verbreitet, wobei eine Zeitspanne von 150 Jahren zwischen dem Ursprungsland und dem ersten Auftauchen derartiger Skulpturen in China liegt. In Konkurrenz zu diesem Buddha steht der Monumentalkopf eines chinesischen Herrschers aus der Provinz Sichuan, ein Exponat aus Sandstein, das ins 16. Jahrhundert (Ming-Periode) datiert wird.

Das Prunkgewand eines hohen Beamten aus dem China des 19. Jahrhunderts sowie zwei Babytragtaschen mit extrem aufwändiger Stickerei stellen textile Beispiele dar; die Babytaschen sind frühes 20. Jahrhundert und stammen von den Miao, einem Volk, das in den Bergregionen Südindiens, aber auch in Vietnam, Laos, Burma und Nord-Thailand von Ackerbau und Viehzucht lebt und mit zirka fünf Millionen Menschen zu den chinesischen Minderheiten zählt.

Die Schau im Haus der Völker zeigt, dass das Erbe Chinas nicht auf die politischen Grenzen des Landes beschränkt werden kann, denn in fast allen Nachbarstaaten finden sich in den Tempeln Statuetten und Kunstwerke, die einen beeindruckenden Blick auf eine nach wie vor fremde Kultur gestatten – sie sind den enormen Zerstörungen der chinesischen Kulturrevolution entgangen und schließen heute, zusammen mit jenen exklusiven Exponaten, die bislang von asiatischen Antiquitätenhändlern in Privatbesitz behalten wurden, einen spannenden Kreis und zeigen die ganze Vielfältigkeit der chinesischen Kultur. Der Facettenreichtum wird wohl erst in der nächsten Zukunft die bisherigen Sichtweisen erweitern, und es bleibt zu hoffen, dass das Haus der Völker dabei auch in den kommenden Jahren seine ihm zustehende Rolle wird spielen können. Im Moment tendiert das Amt der Tiroler Landesregierung ja bedauerlicherweise dazu, dem international anerkannten Museum Steine in den Weg zu legen – und eine Schließung des Hauses scheint nicht ganz ausgeschlossen.

www.hausdervoelker.com

Das Erbe Chinas

Haus der Völker

6130 Schwaz

bis 2. 5. 2010, tägl. 10–18 Uhr

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