Die Festspiele als Lebensinhalt

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Neugierig ist sie bis heute geblieben. Gegenwärtig lernt sie russisch, um auch in dieser Sprache firm zu sein und möglicherweise damit den einen oder anderen neuen Sponsor an Land zu ziehen. Denn das hat sich Helga Rabl-Stadler, seit sie 2005 Präsidentin der Salzburger Festspiele wurde, zur besonderen Aufgabe gemacht: Ausschau nach zusätzlichen finanziellen Mitteln zu halten, damit sich auch künftig die Salzburger Festspiele die besten Künstler leisten und damit ihren Rang als der Welt erstes Festival halten können.

Künftig werde sie zuerst Musikkritiken und dann erst Wirtschaftsberichte lesen, ließ die frisch gekürte Präsidentin verlauten. Heute weiß man, dass niemand besser wie sie diesen Spagat zwischen Kunst und Wirtschaft beherrscht. Mit einer zuvor nie gekannten Omnipräsenz wirbt die Tochter des früheren ORF-Generalintendanten Gerd Bacher das ganze Jahr im In- und Ausland für - man darf es ruhig sagen - "ihre" Festspiele. Engagierter und auch couragierter hat es keiner ihrer Vorgänger getan. Dabei war ihr dieser Weg keineswegs in die Wiege gelegt.

Zuerst studierte sie in ihrer Heimatstadt Salzburg Publizistik, Politik- und Rechtswissenschaft. 1970 übersiedelte die promovierte Juristin nach Wien, schrieb bis 1974 in der Presse und Wirtschaftspresse über Wirtschaft und Innenpolitik und wechselte anschließend als erste weibliche Innenpolitik-Kolumnistin zum Kurier. Anfang der 1980er Jahre kehrte sie nach Salzburg zurück, arbeitete führend im familieneigenen Modehaus "Resmann" mit und ging von 1983 bis 1990 für die ÖVP in den Nationalrat. Dort setzte sie sich für flexible Arbeitszeitlösungen, Liberalisierung der Ladenschlusszeiten und steuerliche Berücksichtigung von Sponsoren ein. 1988 wurde sie Präsidentin der Wirtschaftskammer Salzburg. Mit der Wahl zur Festspielpräsidentin legte sie alle diese Funktionen zurück, blieb nur mehr im Familienbetrieb.

Der Parteipolitik hat sie längst abgeschworen, ihr Interesse für Politik ist geblieben. Und das nicht nur, weil eine ihrer Aufgaben als Festspielpräsidentin der Kontakt zu den Politikern ist. Sätze wie: "Wählt nicht zwischen Kindern und Karriere. Habt beides!" oder "Rentabilität kann nie der Maßstab der Kunst sein" zeugen von ihrer gelebten gesellschafts- und kulturpolitischen Überzeugung. Neben ihren vielfältigen Tätigkeiten hat sie die beiden Kinder aus ihrer Ehe mit dem früheren Kurier-Herausgeber Peter Rabl groß gezogen. Und ist sie von einem künstlerischen Projekt überzeugt, leitet sie alles in die Wege, damit es auch verwirklicht werden kann. Die neu gestalteten Pfingstfestspiele sind dafür eines der besten Beispiele.

"Nicht besser, doch wir Frauen sind es gewohnt, heterogene Gruppen auf ein gemeinsames Ziel zu bringen", antwortete sie auf die Frage, wie es aussehe, wenn Frauen die Welt regierten. Damit hat sie auch das Geheimnis gelüftet, warum es ihr gelungen ist, mit so unterschiedlichen Festspielintendanten wie Gerard Mortier, Peter Ruzicka und Jürgen Flimm stets bestens auszukommen.

2011, wenn Sie, was sich vorderhand noch niemand vorstellen kann, die Salzburger Kommandobrücke verlässt, will Helga Rabl-Stadler ein Buch über ihre politische Karriere und ihre Festspieljahre veröffentlichen, eine Rückkehr in die Politik schließt sie aus. Aber wird Salzburg, wird die österreichische Kunst- und Kulturszene auf sie verzichten? Noch ist Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Aber demnächst gilt es einmal ordentlich zu feiern: am 2. Juni wird Helga Rabl-Stadler 60.

Walter Dobner

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