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Traumjob Festspielpräsidentin

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diefurche: Was kosten die Festspiele und was bringen sie? Hklga Babl-Stadler: Die Festspiele bekommen Subventionen in der Höhe von 130 Millionen Schilling: 40 Prozent davon vom Bund und je 20 Prozent von Stadt und Land Salzburg sowie dem privaten Fremden-verkehrs-Förderungsfonds. Allem die Steuern und Abgaben für die Angestellten der Festspiele beliefen sich im Vorjahr auf 121 Millionen. Eine Untersuchung der Salzburger Wirtschaftskammer ergab, daß die Festspiele der Salzburger Wirtschaft durch die Umwegrentabilität einen Mehrumsatz von 2,4 Milliarden Schilling bringen.

Die Selbstfinanzierungsquote der Festspiele liegt mit Sponsor- und Förderergeldern bei 74 Prozent. Zum Vergleich: In Bayreuth liegt diese Quote bei 50 Prozent, bei der Wiener Oper zwischen 20 und 30 Prozent, bei der Berliner Oper gar nur bei 13 Prozent. Wir haben allerdings hohe Kartenpreise. Mein Vorgänger Heinrich Wiesmüller brachte dieses Problem auf den Punkt: „Sollen die zahlen, die drinnen sind, oder die, die draußen sind?” Wir glauben, daß wir hier den richtigen Mix gefunden haben: Die Festspiele sind eine erstrangige Kulturinstitution, aber auch ein wichtiger Wirtschaftsmotor.

diefurche: Man hört oft den Vorwurf, die Festspiele nähmen anderen Kultur-Initiativen das Geld weg. Barl-StadlkR: Die Festspiele beziehen 6,3 Prozent des Kulturbudgets des Landes und 9,9 Prozent des Kulturbudgets der Stadt.

diefurche: Wie groß ist das Unternehmen „Salzburger Festspiele”? Barl-Stadler: Die Salzburger Festspiele bewältigten im Vorjahr 168 Veranstaltungen mit 208.000 verkauften Karten. Bayreuth bietet 50 Veranstaltungen. Von 3.754 Mitarbeitern im Vorjahr waren 2.699 Künstler. 171 gehörten zu den ständig Beschäftigten und 884 zum Sommerpersonal - von der Maskenbildnerin bis zur Garderobiere

DIKFüRCHK: Wie steht es um die finanzielle Zukunft der Festspiele? Stichwort- Sponsoring. babl-stadler: Heinrich Wiesmüller konnte noch den Sponsor Audi gewinnen. Mit einer Million Mark ist Audi der größte Sponsor neben Nestle. Ich werde mich um einen dritten Hauptsponsor bemühen. Denn ein

75 Jahre Festspiele

feiert Salzburg heuer -Helga Rabl-Stadler, 46, ehemalige OVP-Politike-rin, leitet seit heuer das Großunternehmen.

künstlerisch anspruchsvolles Programm kostet mehr Geld als 20 mal die „Zauberflöte” zu spielen.

diefurche: Ihnen und Ihrer Mutter gehört das Modenhaus Resmann. Spüren Sie die „Umwegrentabilität” der Festspiele im eigenen Geschäft? Raul-Stadler: Ja. Die Firma entstand 1923, drei Jahre nach Gründung der Festspiele. Der Aufstieg der Firma wäre ohne den Aufschwung im Fremdenverkehr, den die Festspiele gebracht haben, so nicht möglich gewesen. Bis in die 50er Jahre sind auch die Künstler zur Festspielzeit in der Stadt geblieben. Heute kommen sie meist nur zu ihren Auftritten. Das tut mir leid. Ich wünschte mir „Künstler in residence”, die die Festspielwochen in der Stadt verbringen. Durch unsere sorgfältige Probenarbeit sieht man aber im Juni viele Festspielkünstler in Salzburg.

diefurche: Wie sehen Sie die Ära Mortier und die Entwicklung deP Festspiele im künstlerischen Rereich? Barl-Stadler: Gerard Mortier ist der Garant gegen die Beliebigkeit von Allerweltsfestspielen. Ich trete dafür ein, daß die Verträge von Mortier und Landesmann noch heuer über 1997 hinaus verlängert werden.

diefurche: Wie stellen Sie sieh die Programme der nächsten Jahre vor?

barl-stadler: Ich wünsche mir eine gute Mischung von Altem und Neuem. Die Festspiele hatten in ihren besten Zeiten immer auch Uraufführungen auf dem Programm. Denken Sie nur an Thomas Bernhardoder Luciano Berio-Uraufführungen.

diefurche: Wie akzeptiert das Publikum die „neuen” Festspiele? Babl-Stadler: Offensichtlich sehr

gut. Igor Strawinskis Oper „The Bäkes Progress” im Vorjahr war ein unerwarteter Publikumserfolg. Und heuer übertrifft das Interesse an „Lulu” alle unsere Erwartungen.

Das Publikum scheint bereit zu sein, sich mit Neuem auseinanderzusetzen. Man will ja auch in seiner persönlichen Entwicklung einen Schritt weitergehen, und nicht in der Musik bei Mahler und in der bildenden Kunst bei den Impressionisten stehenbleiben. Wir können unserem Publikum schon etwas zumuten.

DIEFURCHE: Könnenjwollen Sie im künstlerischen Rereich Einfluß nehmen? W2s würden Sie gerne ändern? BARL-STADLER: Zu solch grundsätzlichen Fragen möchte ich erst nach meiner ersten Saison, ab 30. August, Stellung nehmen.

DIEFURCHE: Warum wurde die Präsidentin der Salzburger Wirtschafts-

kammer und Vizechefin der ÖVP Präsidentin der Salzburger Festspiele? RABL-STADLER: Ich war nach einem sehr intensiven Persönlichkeits-Wahlkampf gerade in den Nationalrat gewählt worden, als Präsident Wiesmüller erklärte, daß er für eine Verlängerung seines Vertrages nicht mehr zur Verfügung stünde. Ganz spontan habe ich mir gesagt: „Festspielpräsident sein ist ein Traumjob” und habe den Bürgermeister und den Landeshauptmann damit konfrontiert, daß ich das werden möchte.

Wie ich glaube, machen mich zwei Fähigkeiten für dieses Amt besonders geeignet: Erstens bin ich es gewöhnt, mit großen Budgets umzugehen: Während der Zeit als Wirtschaftskammer-Präsidentin stellte mir der Kontrollamtsbericht immer ein gutes Zeugnis für Sparsamkeit aus. Zweitens habe ich in der Kammer 250 Mitarbeiter geführt und glaube, unterschiedliche Menschengruppen gut auf ein gemeinsames Ziel hin einschwören zu können.

Daß dieser Posten so knapp nach der Wahl frei wurde, betrachte ich als schwarzen Fleck auf der weißen Weste meiner Glaubwürdigkeit. Ich war tatsächlich nur zwei Tage im Parlament, habe aber kein Geld dafür genommen.

dieFurche: Wird Ihnen die Politik fehlen? Könnte es sein, daß Sie eines Tages zurückwollen? BARL-STADLER: Die Zustände und Umstände in der ÖVP haben mir das Gehen aus der Politik als Befreiungsschlag erscheinen lassen. Nein, ich gehe sicher nicht mehr zurück.

DIEFURCHE: Ihr Vertrag bindet Sie bis zum Jahr 2000 an die Festspiele. Wie soll es für Sie danach weitergehen? Barl-Stadler: Ich hoffe, daß ich mich so bewähre, daß ich meinen Vertrag verlängert bekomme.

DIEFURCHE: Werden Sie mit dem heurigen Rudget - 500 Millionen Schilling - auskommen? RABL-STADlJiR: Knapp. Wir werden bis zum letzten Tag der Festspiele bangen, ob nicht noch etwas Unvorhergesehenes über uns hereinbricht.

DIEFURCHE: Welche Veranstaltungen der Festspiele besuchen Sie_ privat am liebsten?

Rarl-StadleR: Ich bin eine große Mozartverehrerin - was sonst in Salzburg. Besonders gerne gehe ich in Mozart- und Strauss-Opern.

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