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Subventionen?!?

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„Jedes Kulturfestival, ob es jetzt die Salzburger Festspiele, die Schloßspiele auf Burg Forchtenstein oder die Pradler Ritterspiele sind, wird vom Staat beziehungsweise von den Steuern der einzelnen Bürger großzügig subventioniert. Sind diese Ausgaben gerechtfertigt, obwohl nur von einem geringen Teil der Bevölkerung diese Veranstaltungen tatsächlich besucht werden?“ fragte einmal ein Journalist den Direktor der Salzburger Festspiele, welcher daraufhin entrüstet erklärte, daß in Salzburg ja ohnehin 60 Prozent der Ausgaben wieder eingespielt worden seien.

Da kommt dann die Frage auf, ob sich diese enormen Geldausgaben überhaupt lohnen. Der Staat, ohnehin hoch verschuldet, muß bei anderen Ländern Kredite aufnehmen, um Sachen zu bezahlen, die niemand will. Also weg mit den Subventionen: Alle Theater werden zugesperrt!

Jetzt melden sich die Kulturbegeisterten und sagen, daß Österreich von jeher ein Volk der Tänzer und Geiger war: Man denke nur an Schubert oder Mozart und an unseren lieben Nestroy. Ich kann mich zwar nicht daran erinnern, jemals gehört zu haben, daß Schubert von Subventionen gelebt hätte, aber wie man sieht, ist sein Talent nicht verkümmert. Und was machte schließlich Peter Handke, als er in dem von Subventionen strotzenden Österreich berühmt geworden war? Er ging nach Deutschland.

Man muß einmal näher betrachten, wofür die Theater und Festspiele das Geld eigentlich verwenden. Sicher nicht nur für die österreichischen Künstler, die sonst am Hungertuch nagen würden. Gäste werden eingeladen! So zum Beispiel in Graz Birgit Nilsson. In Salzburg werden fast ausschließlich Ausländer oder längst ausgewanderte Österreicher beschäftigt, die Unsummen verlangen und schon seit Jahren berühmt sind. Von einer Förderung junger Künstler habe ich zumindest nur spärlich gehört.

Wer geht eigentlich in Graz in die Oper? Ich nicht!!! Denn dazu sind mir die Sänger zu schlecht und die Preise zu hoch. (Wahrscheinlich subventio-

niert man die falschen Sänger.) Um 120 Schilling, die ich für einen Platz bezahlen muß, kann ich mir eine Schallplatte mit den besten Sängern kaufen, die ich jederzeit zu Hause hören kann, ohne mir den Hals zu verrenken.

Es gibt natürlich die Möglichkeit, daß sich der Staat genau aussucht, welche Veranstaltungen er subventionieren will und welche nicht. Das scheint mir nicht sehr zielführend, da Subvention und Protektion Hand in Hand gehen und die wirklich talentierten Künstler oft leer ausgehen würden.

Aber ich frage mich oft, ob ein Schriftsteller, der keinen sogenannten „bürgerlichen“ Beruf ausübt und nur zu Hause sitzt und schreibt, der also von den Problemen des Durchschnittsmenschen, die ja zu einem großen Teil mit der Arbeitszeit zusammenhängen, keine oder sehr wenig Ahnung hat, überhaupt etwas schreiben kann, das auch vom Durchschnittsmenschen und nicht nur von Psychologen und Deutschlehrern verstanden werden kann.

Wenn nur vier Prozent der Bevölkerung kulturelle Veranstaltungen besuchen, sind dem Volk wahrscheinlich die althergebrachten Opern und Theaterstücke zu abgedroschen und die neuen unverständlich (unter neuer Musik verstehe ich: ein hoher Ton am Anfang, ein tiefer Ton am Schluß und in der Mitte Lärm).

Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, alle Subventionen zu streichen, was zur Folge hätte, daß die Theater schließen müßten. Die talentierten Menschen und die, die wirklich Interesse haben, würden sich zu neuen Schauspieler- und Musikergruppen zusammenschließen und ihre eigenen Stücke schreiben, trotz Beruf und ohne Subvention. Den Kultur muß aus dem Volk kommen und darf nicht irgendwo in überirdischen Sphären schweben.

Erschienen in der Schülerzeitung „tupla“ (Akademisches Gymnasium Graz) im Dezember 1978.

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