Wo sonst, wenn nicht in Salzburg?

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In wenigen Tagen schließen die Salzburger Festspiele. Zeit für eine sehr persönliche Rückschau in Gesprächen mit Intendant Alexander Pereira und Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler.

Dieser Salzburger Festspielsommer war mit besonderer Spannung erwartet worden. Erwartungsgemäß hat er polarisiert. Markus Hinterhäuser hätte die Festspiele in eine andere Richtung geführt, meinen die einen, Pereira sei gerade in Zeiten, in denen es besonders schwierig sei, neue Geldquellen für ambitionierte Projekte zu erschließen, die richtige Lösung, zeigen sich andere überzeugt. Über Ersteres lässt sich nur philosophieren, denn nicht auf Hinterhäuser - er wird ab 2014 die Intendanz der Wiener Festwochen übernehmen - sondern auf den bisherigen Zürcher Opernchef Alexander Pereira fiel die Wahl.

"Ich habe mir dringend ein Festival geistlicher Musik gewünscht, habe versucht, es im bestehenden Rahmen auf zehn Tage ab Ende Juli zu planen und bin draufgekommen, dass ich mir ständig im Wege stehe und Dinge verdränge, die sich nicht verdrängen lassen. Am Schluss wäre irgendein Festival herausgekommen. Da kam ich auf die Idee, eine Woche früher zu beginnen und mich ganz auf dieses Thema zu konzentrieren“, erläutert der neue Festspielintendant seinen im Vorfeld heftig diskutierten früheren Festspielbeginn mit der "Ouverture spirituelle“.

"… denkend hineingleiten“

Auch Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler findet "es schön, dass wir denkend in die Festspiele hineingleiten“ und fragt sich, "wieso wir nicht schon früher draufgekommen sind. Wir haben das Budget erreicht, ich stehe ganz hinter der Idee und finde das philosophisch, künstlerisch und ökonomisch richtig.“ Zur Verlängerung der Festspiele am Ende will sie noch nichts Abschließendes sagen. Im Vorjahr war es der Einzelverkauf der letzten Woche, der den Festspielen ein Rekordergebnis bescherte. Für Pereira hat es keinen Sinn, "die Festspiele an einem Freitag zu beenden. Man muss das bis Sonntag ziehen, das sind ungefähr 7500 zusätzliche Karten, die werden auch verkauft.“

Unter Mortier wurde das Kartenangebot von 180.000 auf 220.000 aufgestockt. Pereira hat es um weitere 40.000 erhöht, was dazu führte, dass es heuer zuweilen leichter war, zu Karten zu kommen. Präsidentin Rabl-Stadler hat das nicht beunruhigt, sie führt aber gleich zwei Aspekte gegen eine weitere Ausweitung ins Treffen: "Die Knappheit der Festspielkarten ist das beste Marketingtool, das wir haben“ - und: "Wer Salzburg kennt, weiß, dass die Stadt selbst ein großer Mitspieler ist. Bernhard Paumgartner, einer meiner wunderbaren Vorgänger, hat einmal gesagt: Salzburg ist der Star. Wenn der Star beschädigt ist, weil viel zu viele Leute in der Stadt sind, sich diese Hektik der Großstadt auf die Hektik Salzburgs überträgt, dann ist es nicht richtig.“

Pereiras dritte Festspiel-Erweiterung war die Einbeziehung des Residenzhofes, was auch ein neues Dach möglich machte. Eine notwendige Sache, wie sich bei den Wetter-unbilden der Premiere der "Zauberflöte“-Fortsetzung "Das Labyrinth“ zeigte - wenn auch der künstlerische Ertrag dieser Produktion gering war. Pereira ist sich sicher, dass "zu einem Festival eine Open-Air-Veranstaltung gehört. Der ‚Jedermann‘ wäre, davon bin ich überzeugt, nur halb so attraktiv, wenn er nicht im Freien spielen würde.“

Hohe Auslastung

Der Erfolg hat ihm recht gegeben, die Neugier des Publikums war groß. Für Rabl-Stadler ist der "Residenzhof eine schöne Sache“. Man müsse sich aber im Klaren sein, dass er einer jener Spielstätten ist, "die immer Geld kosten“. Sie hat hier als junges Mädchen ihre ersten Festspielveranstaltungen besucht, "Serenaden mit Bernhard Paumgartner, denn damals gab es dafür noch Karten und die waren erschwinglich“.

Wie hoch die Auslastung genau sein wird, ob es gelingt, den Vorjahreserfolg zu übertreffen, kann erst ganz zum Schluss gesagt werden. Rabl-Stadler: "Es wird eine Million Euro Überschuss beim Kartenverkauf sein, die Auslastung sicher über neunzig Prozent. Bei uns wird jede einzelne Veranstaltung angeschaut, wir überlegen, was wir damit bekommen. Das heißt, bei einer ‚Bohème‘ nimmt man eine Auslastung von neunzig Prozent an, bei den ‚Soldaten‘ eine von sechzig Prozent.“ Beide Male lag man darüber. Schon bei der "Ouverture spirituelle“ fuhr man weit bessere Ergebnisse ein als erwartet. Pereira hat dafür eine einfache Erklärung: "Die Leute, die dort applaudieren, applaudieren im Grunde zwei Dingen: der Qualität des Konzerts und dem spirituellen Inhalt, den sie persönlich mit dem Konzert bekommen haben.“ Eröffnet wird auch 2013 mit der "Schöpfung“, dirigiert von Nikolaus Harnoncourt. Er wird im Laufe der Festspiele auch die beiden anderen Haydn-Oratorien, "Die Jahreszeiten“ und "Il ritorno di Tobia“, aufführen.

Für Pereira war Harnoncourts "Zauberflöte“ - von der Kritik zwiespältig beurteilt - einer seiner persönlichen Festspielfavoriten: "Seine tiefe ‚Zauberflöte‘ wird mich immer begleiten.“ Glücklich ist er, dass "Sven-Eric Bechtolf, der daran drei Jahre gearbeitet hat, beweisen konnte, dass man auch die erste Fassung der ‚Ariadne‘ spielen kann. Generell freue ich mich, dass er im Schauspiel gezeigt hat, dass er genau weiß, was er tut und große Erfolge gefeiert hat.“

"Stimulans an Qualität, Ort der Inspiration“

"‚Ariadne‘ in dieser speziellen Fassung und außerordentlichen Regie“, Händels "Tamerlano“ mit dem "außerirdischen“ Bejun Mehta und Domingo - "so etwas wie ihn gibt es nur alle hundert Jahre“ - und die "Soldaten“ (auch für den Großteil der professionellen Beobachter das Ereignis dieses Festspielsommers) nennt die Präsidentin als ihre Favoriten dieses Festspielsommers. Im Übrigen müsse sich kein Festspiel für eine "Bohème“ mit der Star-Besetzung Netrebko-Beczala rechtfertigen, und nicht dafür, mit einer "Zauberflöte“ begonnen zu haben: "Wo denn sonst, wenn nicht in Salzburg“?

"Man muss ein Fest feiern, und das feiert man mit den größten und bedeutendsten Künstlern“, bringt Pereira seine Philosophie auf den Punkt. "Ich feiere ja auch nicht Weihnachten und lasse Schinkenfleckerl auftragen, auch wenn ich sie noch so gerne esse“, entgegnet er seinen Kritikern und verweist darauf, dass es auch dieses Jahr mehrere Querverbindungen gegeben hat - wie den "Lenz“ im Young Directors Project und "Die Soldaten“ oder gleich drei Komponistenschwerpunkte: Holliger, Zimmermann und Lutoslawski. Pereira will die Festspiele als "Stimulans an Qualität“ und "Ort der Inspiration“ verstanden wissen. Der Erfolg seiner "Ouverture spirituelle“ hat jedenfalls schon andere Veranstalter inspiriert. Und die Festspiele haben es damit geschafft, auf die Titelseite der New York Times zu kommen.

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