Was bleibt in Salzburg und wie geht's weiter?

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Im Hotel Imperial präsentierte Alexander Pereira den neuen Vertrag zwischen den Festspielen und den Wiener Philharmonikern. Ein erster Erfolg seiner damals noch nicht begonnenen Intendanz. Und schon von Zwischentönen begleitet. Als ein Journalist nach Highlights seiner ersten Salzburg-Saison fragte, erklärte Pereira brüsk, dass dies keine Programmpressekonferenz sei, diese finde später statt. Das Erstaunen war groß, hatte man doch Salzburgs kommenden Festspielchef von seinen früheren Tätigkeiten als Generalsekretär der Wiener Konzerthausgesellschaft und Intendant des Zürcher Opernhauses umgänglicher in Erinnerung.

Im Rückblick ein frühes Omen, dass Salzburg und Pereira doch nicht so ideal zueinander passen sollten. Der verfrühte Wechsel von Jürgen Flimm an die Berliner "Linden"-Oper hatte dazu geführt, dass ihm für ein Jahr dessen Konzertchef Markus Hinterhäuser nachfolgte und auch gleich die Nachfolge thematisiert wurde. Der logische Kandidat schien Markus Hinterhäuser, Salzburg erprobt durch das von ihm für die Festspiele kreierte zeitgenössische Musikfestival "Zeitfluss", schon in seinem ersten Jahr als Konzertchef für seine perspektivischen Programme hoch gelobt. Zudem ein Salzburger.

Schließlich sah das Auswahlverfahren Alexander Pereira vorne, Langzeit-Direktor der Zürcher Oper. Er hatte nie ein Hehl daraus gemacht, dass Salzburg für ihn ein Traumjob wäre. Schon zuvor ritterte er zweimal um diese Position mit. Ohne Fortüne, was nicht zuletzt an seiner kritischen Haltung gegenüber den Wiener Philharmonikern lag.

Cecilia Bartoli als Publikumsmagnet

Im Nachhinein lässt sich nur spekulieren, ob Pereiras Salzburger Kür nicht doch zu spät gekommen ist, er in früheren Jahren innovatorischer, auch programmatisch wagemutiger an diese Aufgabe herangegangen wäre. Schließlich zeigte sich schon in seiner ersten Salzburger Saison, dass er mit Vorliebe auf Künstler zurückgriff, mit denen er schon zuvor, meist in Zürich, gearbeitet hatte, darunter sein letzter GMD Daniele Gatti. Nikolaus Harnoncourt konnte er zwar überreden, neben Konzerten auch für eine Oper an die Salzach zurückzukehren: Seine "Zauberflöte" aber versprach mehr, als sie hielt, was neben Harnoncourts problematischem musikalischen Konzept ebenso an Pereira lag. Er hätte wissen müssen, dass sich die Felsenreitschule für eine Aufführung dieses Mozarts auf alten Instrumenten nicht eignet.

Mit seinem Züricher Starmezzo Cecilia Bartoli gelang Pereira zweifellos ein besonderer Coup. Er gewann sie als Nachfolgerin von Riccardo Muti als künstlerische Leiterin der Salzburger Pfingstfestspiele. Seine beste Entscheidung, wie Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler kommentierte, die in diesen drei Jahren mit ihrem Intendanten nicht immer einer Meinung war, um es diplomatisch auszudrücken. Bartoli erwies sich von Anfang an als der erhoffte Publikumsmagnet. Zudem hat ihr Konzept, die zu Pfingsten gespielten Opern während des Sommers zu wiederholen, eingeschlagen. Es wird auch künftig beibehalten. Auch die ganz im Zeichen sakraler Musik stehende, jährlich anderen Religionsgemeinschaften gewidmete "Ouverture spirituelle", jeweils mit Haydns "Schöpfung" eröffnet -diesen Sommer stand nach Sir John Eliot Gardiner und Nikolaus Harnoncourt Bernard Haitink am Dirigentenpult, für nächstes Jahr ist Mark Minkowski als Dirigent angekündigt -, ist auf Pereiras Habenseite zu verbuchen. Selbst wenn er sie vor dem eigentlichen Festspielbeginn platzierte, womit die offizielle Festspieleröffnung erst inmitten dieser Perspektive erfolgte. Was bald die Frage provozierte, wann die Festspiele eigentlich beginnen? In Zukunft, so hört man, will man diesen Programmpunkt in das sonstige Festspielprogramm integrieren. Sechs Festival-Wochen sind einfach zu lang, selbst mit einem solchen Gespür für Sponsoren, wie es Pereira auszeichnete, kaum mehr zu finanzieren.

Die Zukunft der Salzburger Festspiele

Auch das war Pereiras Problem: Dass er stets mehr wollte, als sich finanziell realisieren ließ. Die Zahl der Veranstaltungen wird geringer werden müssen. Diesen Sommer waren es 219, Generalproben und Sonderveranstaltungen nicht eingerechnet. Dass über 29 Millionen Euro eingenommen wurden, ist auch unter diesem Gesichtspunkt zu sehen. Eine Platzauslastung von -gleich dem Vorjahr -93 Prozent und eine Eigenwirtschaftlichkeit von 79 Prozent sind freilich Zahlen, die sich sehen lassen können.

Wichtiger aber ist, wie das Festival in Zukunft dastehen wird. Es wird nicht nur kleiner werden müssen, sondern vor allem künstlerisch unverwechselbarer. Gewiss war es interessant, letzten Sommer alle Symphonien von Mahler und diesen alle Bruckner-Symphonien mit verschiedenen Orchestern und Dirigenten zu hören. Aber wirklich originell, gar außergewöhnlich ist das nicht. Während Hinterhäuser Zeitgenössisches in beiziehungsreiche "Kontinente" packte, band es Pereira in das übrige Angebot oft so ein, dass es kaum wahrgenommen wurde.

Durchwachsen auch die Musiktheaterproduktionen. Toll im ersten Jahr Zimmermanns "Soldaten", weit weniger festspielreif die beiden zeitgenössischen Beiträge, Birtwistles "Gawain" und Dalbavies "Charlotte Salomon". Dazu misslungene Renaissance-Versuche von Winters "Zauberflöte"-Fortsetzung "Das Labyrinth" und Schuberts "Fierrabras" und mehr auf Prominenz als auf musikalische oder inszenatorische Kühnheit setzende Verdi-,Puccini-oder Wagner-Produktionen. Neben geglücktem Strauss (die von der Wiener Staatsoper dann doch nicht übernommene Ur-"Ariadne"und ein ungekürzter "Rosenkavalier") ein sehr mäßiger Mozart-Da Ponte-Zyklus, in Szene gesetzt von Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf, der nun für zwei Jahre den Intendantenplatz einnehmen wird. Ob der als Schauspieler wie Regisseur ausgewiesene Theatermann bei diesen vor allem auf die Musik konzentrierten Festspielen erfolgreicher sein wird als Pereira oder bloß ein vorsichtig agierender Interimsintendant für seinen längst designierten Nachfolger Markus Hinterhäuser? Salzburg bleibt ein spannendes Thema.

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