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Die Salzburger Festspiele gaben sich für 2009 ein Motto, das manche nicht nur auf der Bühne vermittelt sehen: "Das Spiel der Mächtigen".

"Ich habe als Intendant immer versucht, bestimmte Ideen, die nicht nur ich, sondern auch andere haben, erst einmal zuzulassen. Der dümmste Satz am Theater ist: Das kann doch kein Mensch bezahlen. Man muss zuerst Einfälle sammeln und später zusehen, ob man das hinkriegt", betonte Festspiel-Intendant Jürgen Flimm (67) in einem Interview. Dennoch stellte er bereits vor längerer Zeit seinem Schauspielchef Thomas Oberender die Rute ins Fenster.

Schmerzhafteste Zeit für Schauspielchef

Der Dialog zwischen den beiden verebbte zusehends, Oberender fühlte sich in seiner Arbeit eingeschränkt. Ende der Saison 2009 wirft Oberender unfreiwillig das Handtuch. Für den 42-jährigen Ostdeutschen, den Flimm 2007 nach Salzburg holte, sei es die schmerzhafteste Zeit seines Lebens gewesen, wie er selbst äußerte. Die Machtspiele, die er da erfahren musste, würde er niemandem wünschen. Die Festspiele 2009 verweisen unter dem Motto "Das Spiel der Mächtigen" auf die vielen Facetten der Macht. Eine davon spielt sich jetzt schon intern ab. Wie passend. Intendant Flimm, der seinen Vertrag nach Auslaufen 2011 nicht mehr verlängern will, weil er eine immer stärker werdende Kommerzialisierung bei den Festspielen ortet, spricht hingegen von einem "normalen Diskurs, der am Theater üblich und in den auch stets das Festspieldirektorium eingebunden ist". Von Machtspielen könne keine Rede sein. Wie sagte Flimm vor einiger Zeit? "Wer bleiben will, soll bleiben. Never change a winning team." So weit, so verwirrend.

In Zeiten wirtschaftlicher Turbulenzen fuhren die Salzburger Festspiele nach dem ultimativen Mozartjahr 2006 das zweitbeste Ergebnis ihrer Geschichte ein. In Zahlen: 253.850 Gäste fanden an 37 Tagen den Weg nach Salzburg, was einer Auslastung von 93 Prozent entsprach und zu Einnahmen von über 25 Millionen Euro führte. Weltweit einzigartig im Vergleich zu ähnlichen Kulturinstitutionen. Dennoch sah man bei den Mitgliedern des Festspieldirektoriums keine strahlenden Gesichter. Zu sehr stand der wirtschaftliche Erfolg im Schatten des personellen Umbruchs. Denn es geht auch um die Frage: Wie soll künftig die Struktur der Festspielleitung aussehen? Es gab nämlich schon einmal eine Zeit ohne Intendanz. Vor der "Ära Gerard Mortier" werkte ein Direktorium aus Präsidenten, kaufmännischen Direktor, Konzert- und Schauspielchef sehr erfolgreich.

Das Nachfolgespiel ist aber bereits eröffnet. Eine fünfköpfige Findungskommission soll bis zum 15. Jänner 2009 einsatzbereit sein und dann Kandidaten für die Intendanz finden. Eine Entscheidung über den neuen Intendanten soll noch vor dem Sommer 2009 fallen.

2011 endet Rabl-Stadlers Vertrag

Nach der Saison 2009 wird Jürgen Flimm bis zum Ende seines Vertrages neben der Oper auch die Schauspielagenden übernehmen, die er unter Peter Ruzicka von 2002 bis 2004 schon einmal innehatte. 2011 laufen auch die Verträge von Präsidentin Helga Rabl-Stadler und des kaufmännischen Direktors Gerbert Schwaighofer aus. Rabl Stadler: "Ich habe mich noch nicht entschieden, wie es bei mir weitergehen soll. Wir haben jetzt viel zu tun in diesen schwierigen Zeiten. Es brennt."

Auch wenn Flimms Lieblingssatz "Das Risiko ist die Bugwelle des Erfolges" lautet und vom österreichischen Philosophen und Schriftsteller Jean Amery stammt, hat man sich beim Festspielprogramm 2009 risikomäßig eher zurückgehalten. Neben Neuinszenierungen wie Mozarts "Così fan tutte" Händels "Theodora" oder Rossinis "Moïse et Pharaon" kommt es im Opernbereich zu zwei Wiederaufnahmen: Mozarts "Le nozze di Figaro" und Haydns "Armida". Spannend verspricht Luigi Nonos Revolutionsoper "Al gran sole carico d'amore" zu werden.

Poetische Produktion ohne Worte

Im Schauspiel wird neben dem Klassiker "Jedermann" auch Dostojewskis "Verbrechen und Strafe" wiederaufgenommen. Neu inszeniert wird unter anderem Euripides "Die Bakchen" und Hebbels "Judith". Freunden zeitgenössischer Autoren sei das Stück "Bis dass der Tag euch scheidet oder Eine Frage des Lichts" nach Beckett/Handke oder die poetische Produktion ohne Worte des litauischen Regisseurs Alvis Hermanis ("The Sound of Silence, ein Konzert von Simon & Garfunkel 1968 in Riga, das nie stattgefunden hat") ans Herz gelegt.

Fortgesetzt wird 2009 auch die erfolgreiche Reihe der jungen Regie (Young Directors Project) sowie des heuer ins Leben gerufenen Young Singers Projects, wo Nachwuchssänger mit erstaunlichen Qualitäten zu hören sind. Innovativ und zukunftsweisend wie auch in den Jahren zuvor zeigt sich 2009 auch der von Markus Hinterhäuser konzipierte Konzertbereich.

Als Dichter zu Gast ist im kommenden Jahr Daniel Kehlmann eingeladen, spätestens seit Erscheinen seiner "Vermessung der Welt" ein internationaler Literaturstar. Dennoch fehlt der ganz große Glanz wie etwa der des türkischen Nobelpreisträgers Orhan Pamuk, der heuer in Salzburg war oder der beiden Pulitzer-Preisträger Richard Ford und Jeffrey Eugenides im Jahr davor.

Karten für alle Veranstaltungen sind ab sofort im Internet reservierbar ( www.salzburgerfestspiele.at). Seit dem Vorjahr neu ist eine 3 D-Ansicht der Sitzplätze.

Zum Gesamtbudget von etwa 50 Millionen Euro steuern Bund, Land und Stadt etwa 13 Millionen Euro bei. Dazu kommen Sponsorengelder. Über 76 Prozent erwirtschaften die Salzburger Festspiele aber selbst. "Eine Inszenierung kostet je nach Aufwand zwischen 800.000 und 1,2 Millionen Euro. Orchester, Chöre, Sänger, Bühnenbild, Kostüme inbegriffen", betont Jürgen Flimm. Das meiste Geld müsse über den Kartenverkauf hereinkommen. Das sei schon nervenaufreibend.

Trotz schwieriger wirtschaftlicher Zeiten müssen die Salzburger Festspiele einige Investitionen tätigen. So muss ab September 2009 für fünf Millionen Euro das Dach der Felsenreitschule erneuert werden. Im Großen Festspielhaus, das 2010 seinen 50. Geburtstag feiert, sind Bühnenhydraulik und Schnürboden zu sanieren. Kostenpunkt: eine Million Euro.

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