Etwas anderes als „Polytheismus“

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Streitfall Dreifaltigkeit

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Streitfall Dreifaltigkeit

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Am 4. Jänner 2008 führte der Freiburger Altorientalist Othmar Keel mich und ein paar meiner Freundinnen durch seine phänomenale Ausstellung „Gott weiblich“. Auf die Frage hin, ob denn die Rückkehr des Weiblichen ins Göttliche das Ende des Monotheismus bedeute, meinte er mit einem hintergründigen Lächeln: „Es ist uns doch bestimmt allen klar, dass wir uns schon längst nicht mehr im Zeitalter des strengen Monotheismus befinden.“ Bis heute weiß ich nicht genau, was der Altmeister der altorientalischen Ikonografie damit sagen wollte. Aber einer, der gerade ein 1400 Seiten starkes, allseits bewundertes Werk zum Thema „Die Geschichte Jerusalems und die Entstehung des Monotheismus“ vollendet hat, muss wohl etwas von dieser Sache verstehen.

Viele der Dogmen, die sich in 2000 Jahren Kirche um die seltsam faszinierende Geschichte vom geborenen, widerständigen, gekreuzigten und auferstandenen Jesus von Nazaret gerankt haben, sind mir ganz schleierhaft. Von „Glauben“ kann gar keine Rede sein, wenn ich noch nicht einmal verstehe, was gemeint ist. Aber dass DAS EINE GÖTTLICHE nicht einsam ist, sondern gesellig und gesprächsfreudig, das finde ich einen wunderbaren Gedanken. Die Dreifaltigkeitsikone von Andrej Rubljow, die inzwischen in fast jeder Kirche irgendwo zu finden ist, könnte ich stundenlang anschauen. Und dass GOTT gleichzeitig ewig, geborener Mensch und unberechenbare Kraft ist, das entzückt mich dermaßen, dass ich gar nicht genau wissen will, ob es überhaupt „geht“.

Könnte es sein, dass das DREIEINE GÖTTLICHE uns den Weg weisen will aus einem allzu strengen, allzu militanten Monotheismus hinaus in etwas ANDERES, das aber nicht einfach „Polytheismus“ genannt werden kann? In etwas NEUES, das auf uns zukommt, ohne dass wir es heute schon kennen oder ermessen könnten?

* Die Autorin ist Germanistin und evang. Theologin in der Schweiz

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