DIE FRIEDENSPOLITIK DES PER1KLES. Von Karl D i e n e 11. Rudolf-M.-Rohrer- Verlag, Wien-Wiesbaden. 174 Seiten. Preis 86 S.
Perikies gehört zu den schwankendsten Charakterbildern der Geschichte. Schon die Zeitgenossen haben ihm nichts geschenkt. Das Schicksal stellte ihn in jene glanzvoll und zugleich düster schimmernde Epoche der griechischen Geschichte, in der — zwischen Waffen und Musen — eine kühne Staatenbundidee in Dualismus auseinanderbrach — er führte letzten Endes zum Untergang Griechenlands. Andere Widersprüche, in der Person und im wortkargen „Frieden-Krieg-Konzept" des Perikies begründet, erschweren das Urteil. So ist es kein Wunder, daß der Mann in der Folgezeit bis heute in einem Atem des verwaschenen Pazifismus und zugleich der wüsten Kriegshetze bezichtigt worden ist. In dieses Dunkel klar und nüchtern hineingeleuchtet zu haben, ist das Verdienst des bekannten Wiener Philologen Karl Dienelt. Aus zwei Voraussetzungen, der athenischen Politik seit 460 v. Chr. und der Staatsidee des Perikies, kommt Dienelt im dritten Teil des Buches, „Das Porträt des Perikies“, zu dem überzeugenden Schluß, in seinem unheroischen Heiden den bedeutendsten griechischen Staatsmann nach Themistokles zu sehen, der überzeugt, unbeirrt und mit realpolitischer Einsicht und Nüchternheit für den Frieden gearbeitet hat — und trotzdem Krieg führen mußte. Mehr noch: Ungeachtet der Katastrophe des ihm oktroierten Peloponesi- schen Krieges (der erst nach dem Tode des Perikies aus dem quasi defensiven Schlieffenplan 'ausbog und damit den für Athen so verhängnisvollen Verlauf nahm), hat Perikies nicht nur den athenischen Kosmos, sondern zugleich den europäischen Staat geschaffen, den Otto Forst de Battaglia („Europa“) in dem harmonischen Ausgleich ; vpn Awojit.ät.. und Freiheit . begründet sieht. Mit dieser bedeutsamen Feststellung erhält die Ühtersuchung Dliiteftk nitÜt nur das Verdienst einer historischen Klitterung von philologischer Akribie, sondern auch ihre hohe politische Aktualität für unsere Tage.
