Jakobspilger ohne Mystizismus

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Nach Paulo Coelhos schwülstigem Erguß ist das Buch von Rene Freund eine wahre Erholung.

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Nach Paulo Coelhos schwülstigem Erguß ist das Buch von Rene Freund eine wahre Erholung.

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Spätestens seit Paulo Coelhos Buch (Furche 17/1999) ist der Jakobsweg vielen Menschen ein Begriff. Der uralte, über die Pyrenäen nach Santiago de Compostela im äußersten Westen Spaniens führende Pilgerweg wird nicht erst seither mit christlicher Mystik und intensiven Glaubenserfahrungen in Zusammenhang gebracht. Der uralte Pilgerweg gerät aber auch ins etwas düstere Licht einer magischen Welt, die von der alltäglichen abgekoppelt und etwas Besonderes ist.

Ganz anders ist Rene Freunds Zugang in seinem Buch "Bis ans Ende der Welt - Zu Fuß auf dem Jakobsweg". Freilich macht auch er unterwegs wichtige Erfahrungen. Annähernd 1.500 Kilometer zu gehen, ist ja keine Kleinigkeit, und es geht auf der Reise mitunter auch etwas verhext zu. Aber der Autor beschreibt auf ganz natürliche Weise die Freuden, Leiden und Versuchungen eines Wanderers auf der "Ersten Kulturstraße Europas ... einem Treffpunkt der unterschiedlichsten Menschen aus der ganzen Welt".

Es finden sich ausführliche Beschreibungen der Landschaft, "mit geheimnisvollen Steinkreisen und kugeligen Buchen und verzauberten Eichenhainen und wispernden Bächen" oder von kargen Hochebenen "mit viel Wind, viel Einsamkeit, viel Platz für Gedanken". Genauso wie sachliche, teils ironisch geprägte Schilderungen von Ereignissen und Menschen. Freund läßt den Leser in seinem Reisetagebuch an seinen durch ständig sich ändernde Landschaften und Umstände stark schwankenden Gefühlen und Launen teilhaben. Die starke Abhängigkeit von Wetter, Wegbeschaffenheit und Unterkünften bringt den Wanderer den Elementen und den einfachen Freuden des Lebens näher. Euphorie, Selbstzweifel und Wut über den eigenen Masochismus liegen sehr nahe beieinander, wechseln ständig und der Autor bietet einen sehr persönlichen Bericht. Selbst kleine Schummeleien wie die Überbrückung einer kleinen Wegstrecke im strömenden Regen durch Autostopp oder eine kurze Busfahrt wegen Knieschmerzen werden nicht verschwiegen. Trotz all der Widrigkeiten macht der Reisebericht richtig Lust, selber zu gehen und vermittelt jedem Interessierten und Unerfahrenen, was ungefähr ihn landschaftlich und psychisch auf dem Jakobsweg erwarten könnte.

Bis ans Ende der Welt. Zu Fuß auf dem Jakobsweg Von Rene Freund. Picus Verlag, Wien 1999. 132 Seiten, geb., öS 190,- /e 13,80

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