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Langlebiger Hexenkessel

Charaktere, über die man mehr erfahren will, sind Mangelware. Im Actionbereich trifft das so sehr zu, dass Karrieren immer wieder auf die eine prägende Rolle zurückkommen und ganze Reihen von Figuren praktisch nur nach den herausstechenden Merkmalen ihrer Stars ausgerichtet werden - oder beides zusammen, siehe Arnold Schwarzenegger. Auch "The Last Witch Hunter" hat fixe Vorstellungen, wie er vom Image seines Hauptdarstellers Vin Diesel profitieren will, wobei der Haarschopf, den der ewig Kahlgeschorene in den Rückblenden aufgepflanzt bekommt, eher in die Kategorie "belustigend" fällt. Damals, im gar finsteren Mittelalter, gelang es seinem Krieger Kaulder, die Hexenkönigin zu besiegen. Statt mit ihr im Feuer zu sterben, wurde er zur Unsterblichkeit verflucht.

Zeitbegriff eines Unsterblichen

Auch heute wacht er noch über den Waffenstillstand zwischen Menschen und Hexen, unterstützt von jeweils einem Priester. Gerade in jener Nacht, als dieser das Amt an seinen Nachfolger abgibt, fällt der mittlerweile 36. Helfer einem Verbrechen zum Opfer. Viel Detektivarbeit braucht es nicht: Die Hexenkönigin plant ihre Rückkehr. Anders als verwandte Streifen der jüngeren Vergangenheit macht sich dieser hier die Mühe, nicht nur Ausgangslagen für seine halbwegs spektakulären Kämpfe und visuellen Effekte zu schaffen, sondern er formt die Figur Kaulder aus. Oft sind es nur Stehsätze, wie dass er ironischerweise das Leben verpasse. Dazwischen aber gelingt es ihm, seine Vorstellung vom Zeitbegriff eines Unsterblichen einzustreuen. Dass er dabei nicht sofort an "Highlander" erinnert, ist fast schon eine Leistung. Seine Hauptaufgabe jedoch, die Action mit fantastischem Einschlag, erfüllt dieser Film nur mäßig.

(Thomas Taborsky)

The Last Witch Hunter

USA 2015. Regie: Breck Eisner. Mit Vin Diesel. Constantin. 106 Min.

Atemberaubend reproduziert

Stell dir vor, es ist ein Ereignis, das schon mehr als 40 Jahre zurückliegt, und von dem du weißt, wie es ausging. Kann ein Film dann noch genug Spannung aufbauen, dass er Kinosäle füllen wird? Er kann. Zumindest hat Robert Zemeckis neuer Streich "The Walk" alles Zeug dazu, diesbezüglich Furore zu machen: Schweißperlen auf der Stirn, Wegschauen müssen ob der Platzangst mitten im Saal -mit all dem kann die neu erzählte Geschichte von Philippe Petit, der im August 1974 ein Seil zwischen den im Bau befindlichen Twin Towers des World Trade Centers in New York spannte und darüber mehrmals hinwegspazierte.

Es mag ja auch an der 3D-Technik liegen, dass das Erlebnis so authentisch wird. Aber bei weitem nicht nur. Denn der Plot, der von der Geschichte des Pariser Artisten erzählt, der aus seiner Stadt ins ferne New York reist, tut das Seine dazu. Und der Plot, den das Leben schrieb, natürlich auch. Denn nicht nur das "Seiltanzen" in 415 Meter Höhe war ein Husarenstück, sondern das Seil musste in einer Nacht-und-Nebel-Aktion gespannt werden, sodass es keine Aufsichtsperson merkte. Ein Wunder, dass dies gelang. Ein zumindest kleines Wunder, dass "The Walk" das atemberaubend zu reproduzieren imstande ist.

Hommage ans World Trade Center

Zusätzlich musste auch das World Trade Center für den Film neu erstehen -auch das eine technische Meisterleistung, die dem perfekten Filmteam gelang. Robert Zemeckis Film macht den Film auch zur Hommage an jenes, durch die Anschläge von 9/11 zerstörten Bauwerks. Auf diese Weise setzt "The Walk" dem Wahrzeichen Amerikas und der Wirtschaftskraft jener Jahre ein Denkmal.

Aber nicht nur die Technik, auch das Schauspiel trägt zur Beeindruckung bei: Joseph Gordon-Levitt musste für den Film das Seiltanzen erlernen und zeigt auch sonst, dass er körperbeherrschungsmäßig einiges drauf hat. Aber nicht nur die pure Physis passt bei diesem Ausnahmemimen, denn er muss ja auch die Verwegenheit, die Paranoia eines von der fixen Idee Besessenen darstellen, aber auch das ohne Übertreibung. Und Gordon-Levitt gelingt auch das. Als zweiter in der Darsteller-Riege ist Ben Kingsley zu nennen, der einmal mehr aus einer kleinen Rolle große Leinwandpräsenz hervorzaubern kann: Als Papa Rudy, der als Lehrer und Mentor von Philippe Petit seine Lakonie gekonnt ausspielt.

"Fehlt jetzt nur noch, dass ein Flieger in die Türme rast": Solcher Kommentar aus den hinteren Reihen nach Filmende bringt es auf den Punkt, wie sehr "The Walk" die Wirklichkeit zu imaginieren imstande ist. Keine Frage: Es wird in "The Walk" genug Fiktionales geben. Aber es sieht echt aus. Und auch das ist für einen Film nicht die schlechteste Charakteristik.

(Otto Friedrich)

The Walk

USA 2015. Regie: Robert Zemeckis. Mit J. Gordon-Levitt, B. Kingsley, C. Le Bon. Sony. 123 Min.

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