Sogar Maria Theresia legte selbst Hand an

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In der Ausstellung "Gottes Lob" zeigt die Kaiserliche Schatzkammer liturgische Gewänder, die in Gottesdiensten am Kaiserhof getragen wurden. Ungewöhnlich, aber spannend ist dabei der Versuch, die alten Textilien mit moderner liturgischer Gewandung in Dialog zu bringen.

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In der Ausstellung "Gottes Lob" zeigt die Kaiserliche Schatzkammer liturgische Gewänder, die in Gottesdiensten am Kaiserhof getragen wurden. Ungewöhnlich, aber spannend ist dabei der Versuch, die alten Textilien mit moderner liturgischer Gewandung in Dialog zu bringen.

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Schon die schiere Zahl lässt erahnen, welche Schätze da von der Öffentlichkeit weitgehend ungesehen schlummern: 1700 Objekte an kirchlichen Textilien umfassen die Bestände der Kaiserlichen Schatzkammer in der Wiener Hofburg. Einige ausgewählte davon sind zurzeit in der Alten Geistlichen Schatzkammer neben der Burgkapelle in der Wiener Hofburg ausgestellt. "Gottes Lob" heißt die Schau, in der Paramente aus der Zeit Maria Theresias zu sehen sind.

Nicht nur ob des Wertes der Textilien, auch wegen der sich jedenfalls seit dem II. Vatikanum geänderten Riten der katholischen Liturgie sind die liturgischen Gewandungen nicht mehr für den sakralen Alltag tauglich. Aber selbst wer den pontifikalen Prunk heute eher missen möchte, kann sich der barocken Freude, die sich da in den geistlichen Gebrauchstextilien manifestiert, schwer entziehen.

In dem von Katja Schmitz- von Ledebur verfassten Katalog wird auch auf die von den Habsburgern als Herrschertugend aufgefasste "Pietas Austriaca" hingewiesen, die ein wesentlicher Antrieb dafür war, geistliche Gewandungen zu stiften oder selbst herzustellen. Auch wenn die tragenden Stoffe und die Grundstruktur der Ornamente von den Handwerkern der Zeit gefertigt wurden, so legten jedenfalls die Damen des Herrscherhauses selber Hand an den Dekor der Paramente an.

Ausdruck kaiserlicher Frömmigkeit

Sogar von Maria Theresia höchstselbst ist verbürgt, dass sie die Ornate nicht nur stiftete, sondern eben auch selbst dekorierte. Von daher sind die Exponate zusätzlich ein sprechender Ausdruck kaiserlicher Frömmigkeit. Der Katalog ist auch sehr informativ, was die Darstellung der textilen Techniken und den Aufbau der Stoffe anbelangt.

Eine besonders schillernde Exponatgruppe in der Ausstellung stellt der "Paperl-Ornat" dar, der nach dem wienerischen Wort für Papagei benannt ist und der sich aus Kasel (normales Messgewand), Pluviale (Mantelgewand für Gottesdienste außerhalb der Messfeier), Dalamtik (liturgisches Gewand für Diakone) sowie Manipel (heute nicht mehr verwendeter, an der linken Hand getragenes Textil) besteht. Der Überlieferung nach soll der "Paperl-Ornat aus der mit Vogelmotiven bestickten Wandbespannung eines spanischen Schlosses stammen, welches Elisabeth Christine, die Gattin Kaiser Karls VI., zu den Paramenten umarbeiten ließ. Die Papageienköpfe wurden dabei von Blumendekor überdeckt. Auch andere Ornate und liturgische Kopfbedeckungen wie Mitren (für Bischöfe, Äbte und Prälaten)sind in der Schau zu sehen.

Jedenfalls ungewöhnlich ist der Versuch, die barocken Ornate mit modernen liturgischen Gewändern in Dialog zu bringen. Im Ausstellungsraum sind zwei Kaseln von Stephan Hann und Christof Cremer zu sehen. Hanns Messgewand aus 2014 ist die Umarbeitung eines Hochzeitskleides aus dem Jahr 1942, an dessen Vorderseite der Künstler Zitate aus Psalmen aufgemalt hat. Christof Cremers schwarze Kasel besticht durch ihren gelb-blauen Strahlenkranz, der reliefartig in den dunklen Stoff gewebt wurde und sich über die Gesamtheit der wallenden Gewandung ausbreitet. Die "Zwiesprache" der beiden modernen Textilien mit den barocken Vorbildern zeigt, wie sehr in den Farben und Formen eine Weiterentwicklung stattgefunden hat. Mögen die mariatheresianischen Ornate heute tatsächlich ins Museum gehören, so wird an deren zeitgenössischen "Nachfolgern" klar, dass die barocke Tradition mitnichten verschwunden ist.

Ein wenig verloren wirkt allerdings, dass drei weitere Kaseln von Christof Cremer zu sehen sind - jedoch nicht im Ausstellungsraum, sondern im sogenannten "Paramentengang" der Geistlichen Schatzkammer, wo sie vom Ausstellungsbesucher der kleinen und kompakten Schau erst entdeckt werden müssen.

Gottes Lob

Kirchliche Textilien aus der Zeit Maria Theresias.

Bis 12.2.2017. Kaiserliche Schatzkammer Wien.

www.kaiserlicheschatzkammer.at

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