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Stört der Mensch im Haus oder lässt es sich darin auch wohnen? Eine Austellung des Kaiserlichen Hofmobiliendepots bietet Einblicke in Möbel und Bauten Mies van der Rohes.

Kann man in diesem Haus denn wohnen? Die übliche Kritik an Bauhaus-Design und Architekur erstreckte sich auch auf Mies van der Rohes Villa Tugendhat in Brünn: "Es sieht ja alles ganz toll aus, nur der Mensch stört." Nichts Überflüssiges findet sich im Haus, die Gestaltung der Wohnräume ist ebenso reduziert wie exklusiv.

Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969) galt als Verräter linker Bauhausideale - zumindest in den Augen so mancher Avantgardekollegen - und vor allem -konkurrenten. Er war erfolgreich, bekam interessante Aufträge und wurde schließlich auch noch Bauhausdirektor ... Nun ist dem Architekten und Designer eine Ausstellung im Kaiserlichen Hofmobiliendepot gewidmet.

Zu sehen sind Möbelentwürfe, Modelle und Originalstücke aus den ersten Produktionsphasen vor 1935, etwa Liegesessel, Freischwinger oder Couchtische, die heute in abgewandelter Form in modernen Möbelhäusern zu finden sind. Mies van der Rohe war seiner Zeit voraus.

Die Schau gliedert sich in drei Schwerpunkte: Barcelona, Stuttgart und Brünn. Auf der internationalen Ausstellung in Barcelona 1929 gestaltete Mies van der Rohe den deutschen Pavillon, einen Bau, der durch klare Linien und ein durchgehend luftiges Konzept besticht. Auch sämtliche Einrichtungsgegenstände wurden eigens dafür entworfen, unter anderem der legendäre Barcelona-Sessel.

Davor hatte Mies van der Rohe für die Ausstellung "Die Wohnung" die Weißenhofsiedlung in Stuttgart geplant, eine Stahlskelettkonstruktion, in der nur die Stiegenhäuser, Küchen, Bäder und Fenster festgelegt waren. Die übrige Raumaufteilung sollten die Bewohner frei nach ihren unterschiedlichen Bedürfnissen gestalten können. Zunächst aber waren 29 Architekten damit beauftragt, kreative Lösungsvorschläge zu finden. Der radikalste kam von Mies van der Rohe selbst: ein System von Sperrholzwänden und Schraubenzügen ermöglichte eine beliebige Veränderung der Räume.

Krieg und stilfremde Renovierungsarbeiten zerstörten einen Großteil der Gebäude. 1958 wurden die verbliebenen Reste unter Denkmalschutz gestellt und in den 80er Jahren immerhin 11 der einstmals 21 Häuser renoviert.

Die freie Gestaltungsmöglichkeit für den Bewohner ist in der Villa Tugendhat einem umfassenden Designkonzept gewichen, das sich bis ins kleinste Detail erstreckte und dadurch die Frage auslöste, ob dies denn nicht schlimmstes "Paradewohnen" mit sich bringe. Die lebensnahe Antwort konnte nur von den Auftraggebern und Eigentümern selbst kommen. Fritz und Grete Tugendhat reagierten auch tatsächlich öffentlich in der Zeitschrift "Die Form", um ihr geistiges und praktisches Einverständnis mit dem architektonischen Konzept ihres Hauses zu bezeugen. Ihre persönlichen Bedürfnissen waren schließlich auch schon in der Planungsphase berücksichtigt worden. Dem leidenschaftlichen Amateurfilmer und -fotografen Fritz Tugendhat wurde eigens eine Dunkelkammer und ein Vorführraum eingebaut.

Wie es sich nun tatsächlich wohnte in einer Bauhausvilla mit Bauhauseinrichtung, das zeigt in der Ausstellung nicht zuletzt eine Reihe von Fotos aus dem Alltagsleben der Tugendhats.

MIES VAN DER ROHE Bis 15. Dezember im Kaiserlichen Hofmobiliendepot, Mariahilfer Straße 88, 1070 Wien

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