Das Ende der roten Diktatoren

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In der historischen Generaldebatte stehen die Regimewechsel 1989 in Rumänien und Bulgarien immer im überdimensionalen Schatten des Mauerfalls zu Berlin, gerade so als wäre der Zusammenbruch der DDR eine wiederverwendbare Schablone für den Rest des sogenannten „Ostblocks“. Doch Bulgarien und Rumänien erlebten eigene Formen der Revolution – mit nachhaltigen, bis heute wirkenden Folgen.

Als Todor Schiwkow am 10. Dezember zum Rücktritt gezwungen wurde, war das nicht der klassische, vom Volk erzwungene Umsturz. Es war vielmehr eine Wachablöse, die nach Ansicht vieler Historiker Bulgarien nicht den Weg in die Marktwirtschaft ebnete. Die herrschende Elite hatte nur ihre Frontfigur ausgewechselt, sich umbenannt und regierte in einem Gemisch aus Mafia und Oligarchie weiter das Land. – So sieht das jedenfalls der Schriftsteller Ilija Trojanow, der immer wieder die Abkömmlinge des alten Systems geißelt.

Dass es in Bulgarien selbst keine Aufarbeitung des Kommunismus gibt, liegt daran, dass schon bei ersten zaghaften Versuchen der Archivöffnung ein Innenminister und ein Premierminister als ehemalige Mitarbeiter der Staatssicherheit aufflogen. Danach wurde der Prozess schnell wieder eingestellt. Prozesse gegen Geheimdienstler, die in Straflagern hunderte Regimegegner oder Angehörige der türkischen Minderheit quälten und ermordeten, fanden nicht statt. Ein nicht unähnliches Bild ergibt sich in Rumänien, wo die Revolution nach ihrer Initialzündung in Temesvar Mitte Dezember von Teilen der Securitate und der Armee gesteuert wurde.

Der Fall Securitate

Nicolae Ceau¸sescu und seine Frau Elena, die seit den 50er Jahren einen Polizeistaat mit beinahe feudalen Strukturen geschaffen hatten, konnten sich plötzlich nicht mehr des bestorganisierten Geheimdienstes Osteuropas mit 112.000 Agenten und 700.000 Informanten sicher sein.

Doch die Rolle der Securitate in den Weihnachtstagen 1989 und was danach mit ihr geschah ist bis heute ein wenig aufgearbeitetes Kapitel der Geschichte. Zu viele der ehemaligen Geheimdienstler blieben an den Schalthebeln der Macht und konnten bis zum heutigen Tag verhindern, dass ihre Taten – vor allem aus den Jahren vor dem Umsturz – offengelegt werden.

Doch es gibt noch andere Gründe für die Decke des Schweigens, die über die rumänische Geschichte gebreitet bleibt: Angesicht des rumänischen Volkes können auch einige westliche Regierungen vor Scham erröten, die den Diktator mit allen Ehren empfingen und mit ihm Geschäfte machten, während das rumänische Volk hungerte. (tan)

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